ProSiebenSat1 am europäischen Markt: Berlusconi steigt ein
Die italienische Mediaset kauft Anteile am deutschen Privatfernsehen. Von einer Fusion möchte man dort aber nichts wissen.
Das Spiel heißt „Alle mit allen“ und es läuft schon länger. Neuer Mitspieler ist Silvio Berlusconi. Wie so vieles besitzen er und seine Familie den Medienkonzern Mediaset – und kontrollieren damit im Grunde das komplette italienische Privatfernsehen. Das aber reicht offenbar nicht. Letzte Woche kaufte er rund zehn Prozent der Aktienanteile der ProSiebenSat.1-Gruppe. „Das ist ein freundlicher Anteilserwerb“, teilte sein Sohn Pier Silvio mit.
Das ist vielleicht ganz gut für die Münchener, die in letzter Zeit unter allerlei Häme zu leiden hatten. Seit „Staubsauger-Verkäufer“ Max Conze (zuvor Chef von Dyson) vor über einem Jahr die Führung übernommen hat, halbierte sich der Aktienkurs. Das frühere Kirchunternehmen flog aus dem DAX, Einschaltquoten, Umsätze und Gewinne verringerten sich, während die Stimmung in der Belegschaft auf den Nullpunkt sank. Auch millionenschweren Investitionen in TV-fremdes Geschäft, etwa in den Sexspielzeug-Online-Shop „Amorelie“, sorgten erwartungsgemäß für höhnische Kommentare.
Der Mitbegründer des deutschen Privat-TV Helmut Thoma, der gerne mal einen raushaut, hatte so etwas wie den Einstieg Berlusconis im deutschen Markt schon erwartet: „Bei Mediaset gibt’s im Top-Management immerhin Leute, die wirklich Ahnung vom Fernsehen haben, die bei ProSiebenSat.1 haben ‚Null‘ Ahnung und sind nur am Marketing interessiert.“
Dabei hat auch Mediaset wie eigentlich alle Privaten in Europa mit Problemen zu kämpfen: Die Zuschauer und Werbeeinnahmen werden weniger, die Videoplattformen im Netz als Konkurrenz immer stärker. Dazu sind Fernsehshows aus dem Hause Berlusconi außerhalb Italiens, sagen wir mal, nur schwer vermittelbar. Angesichts dessen arbeiten beide Konzerne sowieso schon seit einigen Jahren in einer Europäischen Medienallianz, der auch TF1 und Channel 4 angehören, zusammen.
Conze betonte noch am Freitag, dass es keine gemeinsame Dachgesellschaft geben werde. Der Il Messaggero berichtete dagegen fast zeitgleich über eine Holding, die in den Niederlanden oder in Belgien angesiedelt sein soll. „Wir sind an solchen Diskussionen nicht beteiligt“, erklärte Conze. Ein Machtkampf ist vorprogrammiert.
Sicher ist: Beide Medienkonzerne werden zukünftig mehr gemeinsame Produktionen für den internationalen Markt herstellen, um so Kosten zu sparen. Das globale Spiel für Plattformen, TV-Sender, Telekommunikationsunternehmen und Streamingdienste um Allianzen und Kooperationen jedenfalls wird weitergehen – damit Inhalte überhaupt noch finanziert werden können.
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