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Pro und Contra InzestverbotDarf der Hänsel mit der Gretel?

Christian Rath
Deniz Yücel
Kommentar von Christian Rath und Deniz Yücel

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weist die Klage eines Deutschen ab. Damit bestätigt er das in Deutschland geltende Verbot von Sex unter erwachsenen Geschwistern.

Als Kinder dürften Hänsel und Gretel ohnehin nicht miteinander schlafen. Nach deutschem Recht dürfen sie es aber auch nicht als Erwachsene. Bild: dpa

JA

K ann denn Liebe Sünde sein? Das fragte Zarah Leander zu einer Zeit, als die Sitten noch strenger waren. Ehebruch war damals verboten und Homosexualität ebenfalls. Heute gilt im Strafrecht aber längst der Grundsatz: Die einvernehmliche Sexualität von zwei Erwachsenen geht den Staat nichts an.

Eine vielleicht letzte Ausnahme ist das Inzestverbot. Nahe Verwandte dürfen keinen Geschlechtsverkehr miteinander haben. Für die meisten Menschen ist das keine Einschränkung. Manchmal schlägt das Schicksal aber Kapriolen, wie in dem Fall, den der Gerichtshof für Menschenrechte jetzt zu entscheiden hatte. Zwei Geschwister wachsen getrennt auf, lernen sich kennen und lieben und haben gemeinsame Kinder.

Nach dem Straßburger Urteil durfte Deutschland hier zwar strafen – muss es aber nicht. Wie in vielen anderen europäischen Staaten könnte und sollte der Sex zwischen Geschwistern nun auch bei uns entkriminalisiert werden. Denn es gibt keine überzeugende Begründung für ein derartiges Strafgesetz.

Dass ein Partner unterlegen ist, kann in allen Arten von Beziehung vorkommen, nicht nur bei der Geschwisterliebe. Für Missbrauch und Gewaltverhältnisse gibt es schon andere Strafbestimmungen. Auch die verwirrenden Verwandtschaftsverhältnisse der im Inzest gezeugten Kinder sind ein schwaches Argument. Heute gibt es schließlich viele zusammengewürfelte Familien, die auch nicht dem traditionellen Familienbild entsprechen.

Am problematischsten ist aber der Verweis auf drohende Erbschäden. Nicht einmal für Menschen mit Erbkrankheiten gibt es heute Beschränkungen beim Paarungsverhalten. Es ist daher schwer zu begründen, warum gerade bei Geschwistern die Gefahr von krankem Nachwuchs zu einem strafrechtlichen Verbot führen soll.

Man muss sich immer vor Augen halten – und der Fall von Patrick Stübing hat es unübersehbar gemacht: Wer zu seiner Liebe steht und das Gesetz ignoriert, muss für Jahre ins Gefängnis. So etwas sollte es in einem aufgeklärten Staat nicht geben. Straftatbestände ohne Opfer und ohne rationalen Strafgrund sind abzuschaffen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, eine zweifelhafte Moral durchzusetzen.

Leider ist zu befürchten, dass die Debatte nach Durchlaufen des Rechtswegs nun zu Ende ist. Doch das wäre kurzschlüssig. In der Demokratie beschließt das Parlament die Gesetze und kann sie ändern. Es stünde dem Bundestag gut zu Gesicht, diesen Fall zum Anlass für eine Liberalisierung zu nehmen. Auch wenn es nur um ganz wenige Betroffene geht. CHRISTIAN RATH

NEIN

Das Beste an der Debatte ist die Debatte: Wenn selbst die älteste zivilisatorische Norm vor Gericht verhandelt und öffentlich diskutiert werden kann, zeigt dies einen gesellschaftlichen Fortschritt an: Ein Verbot zu prüfen ist besser, als es willfährig hinzunehmen. Aber ein aufklärerischer Akt bleibt dies nur, solange man nicht hinter das zurückfällt, was Moses, Solon und etliche namenlose Priesterinnen und Häuptlinge in allen Kontinenten wussten: Bruder und Schwester sind tabu, ebenso wie Sohn und Tochter, Vater und Mutter.

Das Inzestverbot ist kein beliebiges Gesetz, keine anachronistische Vorschrift, die mit selbstbestimmter Sexualität und aufgeklärter Gesellschaft unvereinbar wäre, im Gegenteil. Es ist, um mit dem Anthropologen Claude Lévi-Strauss zu sprechen, eine Voraussetzung von Gesellschaftlichkeit – und somit die Voraussetzung von Aufklärung und Persönlichkeitsrechten.

Fast ausnahmslos alle Gesellschaften haben den Inzest sanktioniert. Zugleich wimmelt es in den Mythen vieler Völker von inzestuösen Beziehungen: Zeus und Hera bei den Griechen, Frey und Freya in Skandinavien, Kain, Seth und ihre anonymen Schwestern im Alten Testament. Sigmund Freud hat diesen Widerspruch mit einem Trieb zum Inzest erklärt, dem „ödipalen Begehren“, dessen Sublimierung die erste zivilisatorische Leistung gewesen sei.

Das Inzestverbot ermöglicht die Unterscheidung zwischen Familie und Gesellschaft; zwischen dem Eigenen und dem Anderen. Die Familie wird zum Schutzraum, aus dem das Sexuelle verbannt ist (auch darum erscheint Missbrauch in der Familie als besonders skandalös, und nicht umsonst sind sexuelle Beziehungen zu Kindern reglementiert).

Und das Verbot des Inzests beinhaltet auch ein Gebot: Wer einen Partner oder eine Partnerin sucht, muss in die Welt hinaus, und sei es nur bis ins nächste Dorf. Das aber bedeutet: Kommunikation, Mobilität, Fortschritt. Das Gegenteil ist das sprichwörtliche Kaff in den Alpen, das seit Jahr und Tag im eigenen Saft brütet.

Darum geht es – und nicht um fragwürdige, weil behindertenfeindliche „eugenische Gesichtspunkte“, mit denen das Bundesverfassungsgericht im vorliegenden Fall das Inzestverbot schon 2008 gerechtfertigt hatte. Es geht auch nicht um den Gleichheitsgrundsatz – selbstverständlich können Allergiker oder Diabetiker miteinander Kinder bekommen, auch wenn dies das Risiko von Erbkrankheiten erhöht. Es geht um eine zivilisatorische Norm. Weniger prätentiös formuliert: Milliarden Menschen bieten eine wunderbare Auswahl, warum sollte man mit seinen Geschwistern ins Bett? DENIZ YÜCEL

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
Deniz Yücel
Kolumnist (ehem.)
Von Juli 2007 bis April 2015 bei der taz. Autor und Besonderer Redakteur für Aufgaben (Sonderprojekte, Seite Eins u.a.). Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik 2011. „Journalist des Jahres“ (Sonderpreis) 2014 mit „Hate Poetry“. Autor des Buches „Taksim ist überall“ (Edition Nautilus, 2014). Wechselte danach zur Tageszeitung Die Welt.
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39 Kommentare

 / 
  • M
    Marc

    Ich kann nicht anders als nesin in gewisser Weise Recht zu geben. Hier hat man als Aussenstehender wirklich das Gefühl, dass einige wenige ihr Empfinden gegenüber Inzest auf rein biologische Aspekte beschränken. Da kann man schon einmal fragen, mit welchem moralischem Verständnis diese Menschen durchs Leben gehen.

     

    Im übrigen erinnert mich diese ganze Diskussion hier sehr stark an den sogenannten Kindersexskandel aus den 80er Jahren. Damals gab es auch diese selbst ernannten Humanisten, die im Kuriositätenkabinett der menschlichen Geschichte nach so allerhand Hinweisen Ausschau hielten, mit dem Ziel, sexuelle Handlungen mit Kindern zu rechtfertigen.

     

    @Berak. Ich als Ethnologe kann ihnen versichern, dass es keine Kultur auf diesem Planeten gibt, in denen sexuelle Handlungen zwischen nahen Verwandten nicht auf irgendeine Weise reguliert und dementsprechent moralisch aufgeladen werden. Nur muss man zweierlei bedenken:

     

    1. Kultur definiert Verwandtschaft. D.h. das was bei uns als verächtlich gilt kann woanders akzeptiert sein, vice versa (wobei die Kernfamilie in beachtlicherweise ein recht konstanter Tabubereich darstellt)

     

    2. Ausnahmen gab es immer, meist in religiöser Form (magische Riten vor einer Jagd, dynastischer Inzest bei den Pharaonen). Ebenso tauchen übrigens auch bestimmte Formen von Kannibalismus immer wieder in der Geschichte auf. Aber deshalb würde doch niemand daraus ableiten, beispielsweise dem "Kannibalen von Rothenburg" irgendein Recht auf den Verzehr von Menschenfleisch zu billigen, oder?

     

    Die Tatsache, dass Inzest in Deutschland auch gesetzlich verboten ist, halte ich deshalb auch nicht für unlogisch, oder gar barbarisch. Mehr noch, wenn ich mir die Kommentare hier nocheinmal so anschaue, dann bin ich sogar recht froh darüber, dass der Gesetzgeber das Inzesttabu zusätzlich durch ein Verbot untermauert.

  • N
    Nassauer

    Inzestverbot ist sinnvoll - Fragen Sie mal einen Neuköllner Kinderarzt...

  • M
    Moebius

    Christian Rath bringt es in meinen Augen sehr schön auf den Punkt: In einem liberalen Rechtsstaat muss ein Verbot gerechtfertigt sein. Und als Rechtfertigung reicht weder "die Natur", noch "die Moral", noch "das war schon immer so", sondern nur der Nachweis, dass das Verbotene für die Gesellschaft oder die Rechte des Einzelnen schädlich ist.

     

    Das gelingt nicht immer, da Gesetze auch historisch gewachsen sind und damit auch historischen Ballast darstellen können. Rauchen in Anwesenheit anderer schädigt das Recht des Einzelnen auf Gesundheit, aber Rauchen hat Tradition. Marihuana hingegen hat bei uns keine Tradition, ist also trotz grob vergleichbarer Schädlichkeit nicht verboten. Und das Inzestverbot ist eben auch so eine Tradition.

     

    Deniz Yücel versucht, diese Tradition durch einen von ihm behaupteten Nutzen zu untermauern - und scheitert damit auf ganzer Linie. Moses, Solon und diverse Hohepriester wussten auch, dass Sklaverei in Ordnung war, Atheismus aber eine ganz schlimme Sache. Erstes Argument unhaltbar.

     

    Dass das Inzestverbot eine Voraussetzung der Gesellschaftlichkeit darstellt, wird nur als Behauptung in den Raum geworfen und nicht begründet. Darüber hinaus liefert das alte Ägypten ein schillerndes Gegenbeispiel. Zweites Argument unhaltbar.

     

    Das Inzestverbot ermöglicht die Unterscheidung zwischen Familie und Gesellschaft? Wirklich? Jeder Erstklässler kann sagen, ob jemand zur Familie oder zur Gesellschaft außerhalb der Familie gehört, ohne das Inzestverbot zu kennen. Die "Verbannung des Sexuellen aus der Familie" ist wiederum so unscharf formuliert, dass sie alles heißen kann. Daher zur Abgrenzung: Eltern haben Sex miteinander und klären ihre Kinder oft über Sexualität auf. Eltern und Kinder sowie Geschwister haben in der Familiengemeinschaft von sich aus keinen Sex miteinander. Für keins von Beidem ist das gesetzliche Inzestverbot verantwortlich. Drittes Argument unhaltbar.

     

    Kommunikation, Mobilität und Forschritt als Folge des Inzestverbots? Eine kühne Behauptung, die durch einen Blick auf das alte Ägypten ebenfalls zweifelhaft erscheint. Viertes Argument unhaltbar.

     

    "Zivilisatorische Norm" ist in Yücels Text ein Synonym für "des war so und des isch so und des bleibt so." Milliarden Menschen bieten eine wunderbare Auswahl, warum gehe ich ausgerechnet mit meiner Lebensgefährtin ins Bett? Hm, weil ich sie liebe, vielleicht...

     

    Der verurteilte Patrick Stübing und seine Schwester haben niemandem Schaden zugefügt. Sie haben gegen eine alte Tradition verstoßen, die in Gesetzesform gegossen wurde. Eine Verfolgung des Gesetzesbruchs lag auch nicht im öffentlichen Interesse. Stübing muss eines Traditionsbruchs wegen ins Gefängnis, nicht mehr und nicht weniger. Für manche ist das zivilisatorische Norm. Für mich ist es ein Verstoß gegen die Menschenrechte.

  • P
    PeterWolf

    @nesin

    Da haben Sie leider einen wichtigen Aspekt des freiheitlichen Rechtsstaat nicht verstanden. Es geht nicht darum, Inzest zu fördern, sondern um die Zulässigkeit der Strafbarkeit desselben. "Natur" und "Moral" als Begründung für eine Strafbarkeit heranzuziehen, ist schlicht faschistisch und die Denke von Nazis, Taliban und anderer Spinner.

  • A
    Anita

    Die Natur hat es nicht ohne Grund so eingerichtet (d.h. es war evolutorisch sinnvoll) dass Geschwister ueblicherweise _kein_ sexuelles Interesse aneinander haben.

     

    Wenn man eine Erbkrankheit hat, kann man nichts dafuer, wenn man mit seinem Geschwister schlaeft schon. Niemand verlangt von den Leuten, dass sie auf Kinder verzichten. Nur bitteschoen auf Kinder von ihren Verwandten.

     

    Erbkranke koennen ihren Kinderwunsch nicht erfuellen, ohne dass sie "es" weitergeben, und es waere grausam, ihnen Kinder zu verwehren. Inzestler koennen sehr das jedoch sehr wohl verhindern, wenn sie Kinder wollen.

     

    Auch wenn beide einvernehmlich Sex haben: Die Kinder, die dabei krank entstehen, werden nicht gefragt.

  • R
    Rechthaber

    Ganz eindeutig hat Yücel unrecht. Inzest ist total super. Warum? Ist doch klar: Weil Yücel einen türkischen Namen hat. Alles was er sagt muss demnach falsch sein.

     

    Geht woanders hetzen, ihr Deppen!

  • T
    towanda

    Das Titelblatt der heutigen taz ist leider und ärgerlicherweise auf niedrigstem BILD-Niveau!

     

    Es geht um Inzest zwischen ERWACHSENEN Geschwistern und eben NICHT zwischen Kindern. Warum dann ein derartig undifferenzierter, reißerischer und irreführender Aufmacher? Sexuelle Übergriffe, auch von älteren Geschwistern auf jüngere, sind ein ernsthaftes Thema und das sollte entsprechend gewürdigt werden.

  • F
    fight53

    Natürlich war es vor tausenden von Jahren, als im Vergleich zu heute kaum Menschen auf der Erde wohnten, sinnvoll, den Genpool möglichst gut zu vermischen, um sich vor Krankheiten und Parasiten gut zu schützen und die Art zu erhalten. Die darauf aufbauende Moral des Inzestverbots hat in Zeiten von 7 Mrd. Bewohnern, die diesen Planeten bevölkern und ihn kreuz und quer durchreisen, jedoch absolut keinen Sinn mehr.

     

    Wenn Yücel mit seinen mosaischen Moralvorstellungen also heute Verhaltensvorschriften gibt, ist vor ihm zu warnen! Wenn er gar meint, aus der Familie von heute sei "das Sexuelle verbannt", dann tun sich Abgründe auf, und man möchte lieber nicht in Yücels Familienverhältnisse Einblicke erhalten. Wie menschenfeindlich muss es da zugehen? In-Vitro-Fertilisation?

     

    Ferner, Herr Yücel, gibt es in der deutschen Sprache einen Unterschied zwischen "sollen" und "dürfen". Niemand hat geurteilt, dass man mit seinen Geschwistern ins Bett gehen soll.

  • F
    fhirsch

    Ich finde nicht, dass sich die Gesellschaft so echauffieren sollte. Es gibt so wenige Fälle von Geschwisterliebe -- wen interessiert das eigentlich?

     

    Der Verweis auf angeblich uralte kulturelle Normen ist das dämlichste, was man bringen konnte. Damit kann man auch wieder Homosexualiät kriminalisieren und Frauen zurück an den Herd schicken.

     

    Ach ja, natürlich soll Kindesmissbrauch weiterhin streng bestraft werden, aber darum geht es hier doch gar nicht.

  • E
    earendil

    Dass Deniz Yücel hier allen Ernstes mit "Moses, Solon und etliche[n] namenlose[n] Priesterinnen und Häuptlinge[n]" argumentiert, und damit den gleichen vernunft- und damit tatsächlich zivilisationsfeindlichen Bullshit produziert wie schon vor Jahren ein Kollege in seiner damaligen Wirkungsstätte (http://jungle-world.com/artikel/2008/13/21445.html), lässt mich nur kopfschüttelnd zurück. Nein, Deniz, es geht nicht um irgendwelche ominösen "zivilisatorischen Normen", sondern darum: "Wer zu seiner Liebe steht und das Gesetz ignoriert, muss für Jahre ins Gefängnis. So etwas sollte es in einem aufgeklärten Staat nicht geben."

     

    Es mag gute Gründe geben, nicht unbedingt die nächsten Verwandten zu Lebens- und Sexualpartnern zu erwählen. Das ist aber Sache jedes Einzelnen und hat im Strafrecht nichts zu suchen. Und die Franzosen, die schon seit Napoleon niemanden mehr wegen Geschwisterliebe in den Knast stecken, haben sich meines Wissens bisher nicht aus der Zivilisation verabschiedet.

  • T
    tommy

    YÜcel hat wie üblich keine brauchbaren Argumente und seine Berufung auf einen Scharlatan wie Sigmund Freund ist einfach nur peinlich.

     

    Ich wäre zwar eigentlich für eine strengere Sexualmoral, aber in einer Gesellschaft, in der Besuche in Swingerclubs als bürgerliches Vergnügen gelten und in der Homosexualität als ganz normal angesehen wird, gibt es keinen vernünftigen Grund, Leute für einvernehmlichen Inzest mit Gefängnis zu bestrafen (zumal ja Gewalttäter oft mit lächerlichen Bewährungsstrafen davonkommen).

  • B
    Berak

    Zur Behauptung "Fast ausnahmslos alle Gesellschaften haben den Inzest sanktioniert" möchte ich als Historiker denn gerne fragen wie das so in Agypten (immerhin eine Mutter aller Modernen Zivilisationen) aussah?

     

    Auch noch unter den griechischen Herrschern (Ptolemäern) galt nämlich die altagyptische Lehre von der Göttlichkeit des Pharao und seiner Familie, resultierend darin, dass zumeist Sohn und Tochter der voranggegangenen Herrschers verheiratet wurden.

     

    Zumindest in Ägyptischer und Griechisch (bzw Makedonisch)-Ägyptischer Kultur wurde also Inzest von "höchster Stelle" vorgelebt.

  • P
    Papst

    An solch einer Diskussion merke ich wieder, wie sehr die Religion dann doch Antworten auf offene Fragen stellt. Die Anfrage, wieso der Staat eine Frage der Moral mit dem Strafrecht begegnet, zeigt die fehlende inhaltliche Begründung des Staates in Bezug auf moralische Problemstellungen auf, die die Religion(en) dann beisteuern.

  • E
    emil

    @nesin

    können sie ihre position auch begründen? krank und wider der moral - worauf stützen sie sich? eine argumentation a la das wurde immer schon so gemacht ist unreflektiert und gefährlich.

     

    sie scheinen mir vielmehr vom typus, die deviantes verhalten grundsätzlich sanktionieren wollen, dass allerdings schadet einer pluralistischen gesellschaft wie unserer.

  • E
    end.the.occupation

    Was, wenn nicht journalistische Inzucht bringt Figuren wie Yücel, Hillenbrand, Rath oder Knaul hervor? Ein reaktionärer, militaristischer Klon wie der andere. Verbieten? Pronto!

  • K
    KlausK

    Endlich nervt er mal nicht! Im Gegenteil: Deniz Yücel hat den richtigen Ton getroffen. Christian Rath dagegen sieht Geschwisterliebe eher als was Romantisch-Schönes. Naja!

  • H
    horst

    lieber christian rath,

     

    dann ist also sex zwischen vater und tochter o.k? so ganz "einvernehmlich"? danke deniz, wie immer spitze!

  • SI
    Sebastian I.

    Mit Verlaub, Herr Yücel, ein fragwürdiger Schlusssatz. Genauso könnte man nämlich argumentieren, es gebe doch Milliarden von Frauen zur Auswahl, da müsse doch niemand schwul werden! Liebe lässt sich nun mal nicht aussuchen, und genau davon reden wir hier: Liebe.

     

    Die nämlich wird durch die Aufrechterhaltung des Tabus gleich mit sanktioniert, obwohl das betreffende Gesetz nur den Geschlechtsverkehr verbietet. Ein für einen modernen, aufgeklärten Rechtsstaat (im Unterschied zu den von Ihnen aufgezählten vergangenen "Zivilisationen") unwürdiger und beschämender Vorgang.

  • H
    hans

    Guter Artikel, nur verstehe ich die Argumentation von Deniz Yücel nicht.

    "Milliarden Menschen bieten eine wunderbare Auswahl, warum sollte man mit seinen Geschwistern ins Bett?"

     

    Die Sache ist doch, dass man sich selten genau aussuchen und auswerten kann, wen man wann liebt und wie sehr. Ich weiß, dass es in vielen Ländern der Welt noch der Fall ist, dass Eltern oder andere Gesellschaftliche Faktoren über die Beziehung entscheiden. In Deutschland gilt aber glücklicherweise noch der alte Grundsatz "wo die Liebe hinfällt..." und die fällt für gewöhnlich nicht in der logischsten Weise.

     

    Ich zumindest habe mir noch nie im Supermarkt genau ausgerechnet, mit welcher der Milliarden Frauen ich am günstigsten wegkomme. Die eine kam von ganz alleine. Meine Freundin ist 8 Jahre älter als ich. Kann man nicht mit inzest vergleichen, aber man erntet doch sehr oft kuriose Blicke und Fragen. Wenn man verliebt ist interessiert einen das allerdings nicht.

     

    Übrigens könnte man genauso gegen Homosexualität argumentieren. -> Milliarden Frauen bieten eine wunderbare Auswahl, warum sollte man mit einem Mann ins Bett?

  • J
    Joe

    Diese angebliche Norm ist nur ein von der allmächtigen (leider immer noch) Kirche aufdiktiertes verboT, dem sich unser angeblich demokratischer Staat immer noch kuschend beugt.

    Reales Beispiel, wie es laufen könnte:

    Ich: Adoptivkind, mit 8 Monaten adoptiert, meine Herkunft mir komplett unbekannt.

    Meine leibliche Schwester lebt in USA (mittlerweile habe ich sie kennenlernen dürfen..)

    Angenommen:

    Icke reise in die USA für einen längeren Aufenthalt, treffe dort eine nette Lady und verliebe mich in sie. Wir heiraten, ich bleibe in US und wir haben 4 Kinder.

    Unsere Verbindung wäre niemals rausgekommen, weil in D die Behörden damals in den 60ern meine Geburtsurkunde "verschlüsselt" hatten, sodaß ich niemals erfahren hätte, wer meine Schwester ist.

     

    Also hätten hier Bruder und Schwester gemeinsam gelebt und was wäre passiert ? Nichts!

    Dieses blödsinnige Geschwafel von angeblichen Erbkrankheiten unter geschwistern ist genauso Bulllshit - oder fragen Affen, Wale, Löwen und wer auch immer unserer Artenkollegen, nach Verwandschaftsverhältnissen?

    Nein!

    Deshalb wird es langsam Zeit, solche Diskussionen mal ad acta zu legen...und die Kirche endlich mal aus dem Haus des Staates zu jagen....ins Nirvana - da, wo sie hingehört!

  • A
    angelika

    Deniz, ich muss/ soll ja die netiquette beachten, sonst würde ich einfach schreiben: Deniz, du bist ja so ein A... ich grinse etwas dabei, weil niemand kann so beeindruckend und teilweise sogar historisch untermauert :-)) eine/ seine/irgendeine Meinung vertreten weil er/ sie es sich vorgenommen hat, wie du.

     

    Ich werde weiter gerne deine Kommentare lesen und weiter versuchen, irgendwie herauszufinden, was DEINE Meinung ist. Es beeindruckt mich schon, wie es dir gelingt in alle Richtungen zu provozieren und einfach nicht zu fassen zu sein.

     

    Den Geschwistern hätte ich einfach ein schönes Leben gewünscht!

  • KR
    Karl Ranseier

    Liebster Deniz,

     

    Du schreibst, das Inzestverbot sei "die Voraussetzung von Aufklärung und Persönlichkeitsrechten". Meiner Meinung nach ist es anders herum. Das Inzestverbot ist eine elementare Einschränkung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen.

     

    "Das Inzestverbot ermöglicht die Unterscheidung zwischen Familie und Gesellschaft; zwischen dem Eigenen und dem Anderen. Die Familie wird zum Schutzraum, aus dem das Sexuelle verbannt ist" Aha. Und wo kommen dann die Kinder einer Familie her? Oder ist mein(e) Partner(in) nicht Teil meiner Familie? Das sehe ich anders.

     

    "Milliarden Menschen bieten eine wunderbare Auswahl, warum sollte man mit seinen Geschwistern ins Bett?" Was mensch sollte oder nicht, sei jedem selbst überlassen, solange niemand zu Schaden kommt.

     

    Es tut mir leid, aber ich finde in Deinem Kommentar keinen Grund, nur geselschaftliche Moralvorschriften, warum Inzest verboten sein sollte.

     

    Da ist der Satz von Christian sehr treffend: "Es ist nicht Aufgabe des Staates, eine zweifelhafte Moral durchzusetzen." Insofern verbleibe ich in der Hoffnung, dass dieses überflüssige Gesetz möglichst bald abgeschafft wird.

     

    Lieben Gruss

    Karl R.

  • CN
    c n osh

    Zunächst möchte ich darauf hinweisen, da es in der Debatte oft untergeht, dass in Deutschland Sex zwischen leiblichen Geschwistern nicht generell verboten ist, sondern nur der „Beischlaf“, d.h. Vaginalverkehr (siehe §173StGB).

     

    Ein Grund, warum die Argumentation von Herrn Yücel zumindest im konkreten Fall von Patrick S. nicht überzeugt, besteht darin, dass er und seine Schwester sich als Kinder nicht kannten. Dies ist für derartige Fälle typisch, womit die ganze soziologische Argumentation m. E. hinfällig ist. Diese soziologischen Schilderungen sind ohnehin rein spekulativ und eine sehr dünne Grundlage für Gesetze.

     

    Überhaupt ist der Hinweis auf gesellschaftlich anerkannte Normen kein Argument für, sondern lediglich ein Bestehen auf dem Status Quo: entsprechend ließe sich in den 60ern gegen eine Aufhebung (bzw damals noch Modifizierung) des §175 argumentieren.

     

    Mit dem Abschluss versucht Herr Yücel die Beweislast umzudrehen: "Milliarden Menschen bieten eine wunderbare Auswahl, warum sollte man mit seinen Geschwistern ins Bett?". Die Antwort lautet im Falle von einvernehmlichem Sex unter Erwachsenen schlicht und einfach: weil man möchte. Nach liberaler Auffassung hat sich der Gesetzgeber darauf zu beschränken, Gesetze zu entwerfen, die jemandes Schutz dienen und nicht der Durchsetzung irgendeiner Moral. Ob der §173 StGB mit liberalen Grundsätzen zu vereinbaren ist, ist sehr in Frage zu ziehen. Tatsächlich könnte man argumentieren, dass die strafrechtliche Verfolgung des Geschwisterinzests bei Patrick S. und seiner Familie viel Leid angerichtet hat -- unnötigerweise.

  • KM
    Klaus Meier

    Das Problem an Ihrer Argumentation, Deniz Yücel, ist allerdings, dass § 173 StGB selbst diesen - vom Gesetzgeber nach herrschender Meinung verfolgten Schutzzweck (Familie und Ehe zu schützen) - nicht widerspruchslos erfüllt.

     

    Unter Strafe gestellt ist nämlich nur der Vaginalverkehr. Oral- und Analverkehr, Petting - kurz: alle anderen sexuellen Handlungen sind nicht unter Strafe gestellt. Obwohl die negativen Folgen ganz ähnliche sind. Oder wird das familiäre Verhältnis weniger zerrüttet, wenn herauskommt das Bruder und Schwester "nur" Oral und Anal miteinander verkehrt haben, nicht jedoch Vaginal?

     

    Und was ist, wenn Bruder und Bruder oder Schwester und Schwester miteinander sexuell verkehren? Das ist ebenfalls nicht strafbar. Für die Familie aber womöglich belastend.

     

    Insofern stellt dieses strafrechtliche Verbot entgegen Ihrer Argumentationslinie gerade nicht sicher, dass die Familie "zum Schutzraum" wird, "aus dem das Sexuelle verbannt ist".

  • A
    Adelheid

    Das Ja ist auf den Punkt richtig! Das Nein ist nicht überzeugend: Was Moses gesagt hat, kann für uns heute nicht relevant sein. Der Autor übersieht, dass der verurteilte Bruder drei Jahre im Gefängnis saß. Dieser Eingriff müsste gerechtfertigt werden. Es gibt aber keinen Grund, der eine Bestrafung legitimieren könnte. Es lag ja keine Nötigung vor. Man lese zum Ganzen z.B.: http://www.zjs-online.com/dat/artikel/2009_1_140.pdf

  • N
    nesin

    Ich finde es erschreckend, dass man dieses Thema überhaupt diskutieren muss. So weit sind wir also schon, dass man sich im Ernst die Frage stellt, ob Inzest Tabu ist oder nicht. Also, was läuft eigentlich ab in den Köpfen der Menschen?

     

    Es gibt gewisse Dinge, die man einfach nicht tun sollte, die man nicht tun darf. Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten sollte auch wenn man es kann. Das ist gegen die Natur, gegen die Moral...

     

    Wenn ich mir einige Kommentare zu den Diskussionen anschaue, dann bin ich wirklich entsetzt. Ich habe das Gefühl, dass nur die Tatsache, behinderte Kinder auf die Welt zu setzen, viele davon abhält so eine Beziehung einzugehen, sonst hätten anscheinend mehrere Leute Beziehungen zu ihren Geschwistern. Das ist doch krank.

     

    Mal ganz abgesehen davon, dass man ja Geschwister oder Verwandte nicht sexuell anziehend findet, zumindest ist es bei mir so und bei Menschen, die ich kenne. Und wie Herr Yücel auch sagte, es gibt Millionen von Menschen auf der Welt. Gerade neue Menschen kennenzulernen macht doch den Reiz aus...

  • M
    Martin

    Herrn Yücels Kommentar benötigt nur wenige Anpassungen und passt in eine 1960er-Jahre-Diskussion zum Thema "Darf der Hänsel mit dem Gert?" - glücklicherweise ist die Straffreiheit von Sex zwischen Männern schon lange weitgehend gesellschaftlich akzeptiert. Die meisten Deutschen haben dennoch kein großes Interesse daran... wäre das bei der Abschaffung des Inzestverbots grundsätzlich anders?

     

    Abgesehen davon fehlt mir eine klare Position, ob die gesetzliche Regelung die Zeugung von Kindern zweier Geschwister verhindern möchte (dann müsste Sex zulässig sein, wenn ein Partner zeugungsunfähig ist oder wirksam verhütet) oder ob es darum geht, sexuelle Verhältnis allgemein zu verhindern. Dann müsste aber eine über "Beischlaf" hinausgehende Formulierung gewählt werden, denn so ist (meines Wissens) lediglich der vaginale Verkehr verboten. Oder geht es hier nur darum, dass das Thema im Detail Politikern schon immer peinlich war und man es lieber gar nicht ausdiskutiert, sondern einfach alles beim Alten lässt?

  • Y
    york

    @deniz yücel: "Das Beste an der Debatte ist die Debatte" - nein. das schlimmste an der debatte ist, dass es sie ueberhaupt noch gibt.

     

    "die älteste zivilisatorische Norm" - woher wissen Sie das? und wenn es so waere: was waere das wert? wir haben mittlerweile zum glueck etliche uralte "zivilisatorische normen" hinter uns gelassen.

     

    "solange man nicht hinter das zurückfällt, was Moses, Solon und etliche namenlose Priesterinnen und Häuptlinge in allen Kontinenten wussten" - hinter zb. die alttestamentarischen homo-verbote sollten wir also auch nicht "zurueckfallen"? ehebrecherinnen steinigen? die liste liesse sich beliebig verlaengern.

     

    "Fast ausnahmslos alle Gesellschaften haben den Inzest sanktioniert" - und kriege gefuehrt, sklaven gehalten, todesstrafe, folter und blutrache gekannt: wollen Sie all das zur nachahmung empfehlen?

     

    "das Verbot des Inzests beinhaltet auch ein Gebot: Wer einen Partner oder eine Partnerin sucht, muss in die Welt hinaus, und sei es nur bis ins nächste Dorf" - ist Ihnen wirklich verborgen geblieben, dass die "partner" meistens in der gleichen sozialen schicht beheimatet sind? oder wollen Sie als naechstes ein verbot der sandkastenliebe fordern?

     

    "Milliarden Menschen bieten eine wunderbare Auswahl, warum sollte man mit seinen Geschwistern ins Bett?" - wie viele milliarden menschen kennen Sie denn so persoenlich? und warum sollte ich, selbst wenn ich die alle wirklich kennte, nicht trotzdem mit meinen geschwistern beiderlei geschlechts ins bett gehen?

  • P
    PeterWolf

    Die erhöhte Gefahr von genetisch bedingten Behinderungen bei Kindern aus eng verwandtschaftlichen Beziehungen ist mit Vorsicht zu betrachten. Dafür müssen solche auch bei den Eltern erst mal (latent) vorhanden sein.

     

    Natürlich ist eine inzestiöse Schwangerschaft mit entsprechenden Behinderungen bei zwei gleichermaßen "Gehandikapten" (z.B. Geschwistern) häufiger als in der "Normal"bevölkerung, da einerseits alternative Geschlechtspartner nicht erreichbar sind und andererseits die Anwendung der Schwangerschaftsverhütung oft nicht verstanden wird.

     

    Hätte sich z.B. der (offensichtlich genetisch vorbelastete) Bruder vor dem GV sterilisieren lassen, wäre ein wesentlicher Grund für die Rechtfertigung der Bestrafung entfallen. Da wirds nun aber wirklich heikel, wie schon im Artikel angeführt. Auch behinderte Menschen haben einen Sexualtrieb.

     

    Unabhängig davon, ob die Behinderung genetisch oder z.B. Geburtsschäden entstanden sind. Meistens können diese Menschen eigene Kinder, auch wenn diese selbst völlig "gesund" sind, nicht selber versorgen/erziehen etc. pp..

     

    In katholischen Einrichtungen wurde einfach nicht verhütet und die Kinder nach der Geburt zur Adoption freigegeben, ich weiß nicht, ob das heute immer noch so ist. In anderen Einrichtungen wird (geistig) Behinderten Frauen die Pille oder ähnlich unabhängig Zuverlässiges gegeben, einem Kindeswunsch wird eher nicht nachgegeben.

     

    Meines Wissens rechtlich durchaus möglich wäre auch eine (endgültige) Sterilisation (meistens der Frau). (Falls ich da irre, bitte widersprechen!!) Geistig Behinderte um ihr Einverständnis dafür zu fragen, wäre eine Farce, der Eingriff selbst ist eine schwere Körperverletzung.

     

    Ratlos

  • K
    kommentatorin

    sorry, frau yücel, aber so einen schwachsinn habe ich lang nicht gelesen... zivilisatorische norm? Norm? es geht nicht um eugenik? dann stellen sie sich bitte noch einmal die frage, ob der holocaust die spitze oder das ende der zivilisation war...

  • N
    naja...

    Ja, Missbrauch in der Familie ist besonders schrecklich. Aber Missbrauch ist per definitionem weder einvernehmlich noch sind alle beteiligten vollährig.

     

    Ich bin mir noch nicht ganz schlüssig, ob der Beitrag von Deniz Yücel nicht evtl trotzdem einen wichtigen Punkt erfasst - den Kern des Themas trifft er aber auch nicht.

  • H
    Horst

    Deniz Yücel bleibt leider die Antwort schuldig warum man hierzu das Strafrecht heranziehen muss.

  • G
    Goldie

    Komische Argumentation am Ende. Warum sollte man mit jemand anderem ins Bett, als der Person, die man liebt?

     

    Ich finde das Urteil gegen die beiden Liebenden - denn das sind sie ja offensichtlich - falsch und überflüssig. Ein Inzest-Verbot ist richtig - sollte aber genau wie das Abtreibungs-Verbot straffrei bleiben. Kann schließlich jeder selbst entscheiden, was er mit seinem oder ihrem Leben macht.

     

    Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Vergewaltigung, Kindesmissbrauch etc. sind natürlich ganz andere Dimensionen. Mich würde mal interessieren, ob durch ein Inzest-Verbot solche Straftaten abnehmen.

  • TL
    Tengri Lethos

    Das SO ein Thema wieder ein THEMA wird war zu erwarten. Die Menschen haben 100 Millionen wichtigere Probleme zu lösen, oder haben wir schon das Sommerloch ?

  • M
    Murksel

    Wann wird das allerletzte Tabu gebrochen ? Ich möchte meinen Hund heiraten.

  • M
    MomoElektra

    "Es geht um eine zivilisatorische Norm." Auf Kosten weniger Individuen. Das ist nicht mit Menschenrechten vereinbar.

     

    Andere Menschen sollen ihre Sexualität nicht ausleben dürfen für ein wages, romantisiertes Wohl der, was, Volksgemeinschaft? Das Wohl der Vielen überwiegt das Wohl der Wenigen, auch wenn das Wohl nur eingebildet ist?

     

    Schwach, ganz schwach.

  • D
    deviant

    Bei allem Respekt für Sie, Herr Yücel, Ihr contra läuft vollkommen ins Leere, wobei sich mir durchaus der Eindruck aufdrängt, dass das so gewünscht ist - Sie sind intelligent und rhetorisch fähig genug, ein echtes Contra zu geben, wenn Sie nur wollten.

     

    Da ist zum Beispiel der Hinweis, das Inzestverbot sei Aufforderung zum Dialog und Gegenmodell zum inzestuösen Almkaff. Das ist natürlich nicht wahr: Meine Cousine zu vögeln würde durch das Gesetz nicht verboten, einem ungestörten inzestuösen Juppheidi steht also nichts im Wege.

    Auch, und das zeigt der aktuelle Fall, kann ich in die weite Welt hinausgehen und zufällig bei der fremden Schwester landen. Wenn ich niemanden finde als diese eine Person, steht es dem Staat nicht zu, hier einzugreifen, wie ich finde.

     

    Und dann das: "Das Inzestverbot ermöglicht die Unterscheidung zwischen Familie und Gesellschaft; [...]. Die Familie wird zum Schutzraum, aus dem das Sexuelle verbannt ist."

     

    Mir scheint, dass das Verbot des Inzest allzu oft mit dem Schwingen der Moralkeule verbunden ist (von der ein anderer Träger des Kurt-Tucholsky-Preises und ehemaliger Schreiber der taz einmal sagte: "Ist das Hirn zu kurz gekommen/wird sehr gern Moral genommen."); und gerade jene Pseudomoralisten versuchen an anderer Stelle das Sexuelle allein IN den Schutzraum der Familie zu verbannen und Sex vor der Ehe zu stigmatisieren.

    Hier baut sich ein Widerspruch auf, der darauf hinweist, dass Sie hier keinen eigenen Standpunkt vertreten, sondern sich Versatzstücke zusammenbasteln und logische Sollbruchstellen geschickt einflechten.

     

    Und mir drängt sich die Frage auf: Fand sich bei der taz niemand, der tatsächlich für das Verbot von Inzest ist?

  • C
    christoph

    Mich wundert in dem Fall, dass er die Starfe antreten musste. Das Gesetz spricht heir vom dominanten, überlegenen Part in der Beziehung. Wenn es so etwas tatsächlich gibt, ist das für mich Gewalt in der Familie und nicht inzestöses Verhalten. Das unwissenheit nicht vor Strafe schützt, ist ja hinlänglich bekannt, aber in einer emanzipierten Gesellschaft hätte Sie auch in den Kahn gemusst.

  • S
    Stadtneurotiker

    Es gibt gute Gründe für ein Inzestverbot. In der Historie sind es seltsame Monarchen, heute sind es Kinder mit Mehrfachbehinderungen, die in Einrichtungen betreut werden, weil es immer noch Kulturkreise gibt, in denen die Eltern miteinander verwandt sind. Doch dagegen hilft auch kein Verbot.