Pro-Palästina-Demo entzweit Linke: Keine antisemitischen Positionen
In der Linkspartei tobt ein Streit über Israels Rolle im Gazakonflikt. Die Parteispitze warnt vor zu einseitiger Kritik.

BERLIN taz Im Streit über eine einheitliche Haltung zum Gazakrieg verhärten sich die Fronten innerhalb der Linkspartei. Zuerst hatten einige Mitglieder der Bundestagsfraktion zur Teilname an einer propalästinensischen Demo aufgerufen, die am vergangenen Samstag in Berlin stattfand. Nun reagierte der im Forum demokratischer Sozialismus (FdS) zusammengeschlossene Realoflügel der Linkspartei auf diesen Aufruf mit einem eigenen Positionspapier.
Auf Initiative von Petra Pau, Vorstandsmitglied der Linksfraktion im Bundestag, bekräftigten die Reformer der Linkspartei darin ausdrücklich, dass am Existenzrecht Israels nicht gezweifelt werden darf. Kritik an Israel dürfe nicht antisemitisch sein, heißt es in der Resolution. "Solange es in unserer Partei Leute gibt, die auf Demos auftreten oder gar zu ihnen aufrufen, die die Trennlinie zum Antisemitismus nicht klar ziehen, muss man darauf eine Antwort geben", sagte FdS-Sprecher Stefan Liebich zur taz. Carin Lay, ebenfalls Sprecherin des Forums, warnte davor, "sich mit Personen zu verbünden, die mit der Hamas sympathisieren".
Wie die Junge Welt berichtet, hatte Gregor Gysi, Chef der Linksfraktion im Bundestag, bereits im Vorfeld der Demonstration seine Fraktionskollegen per E-Mail auf den parteikonformen Umgang mit dem Krieg in Gaza hingewiesen: "Ihr müsst darauf achten, dass nicht nur die Beendigung der israelischen Besetzung von Palästina gefordert wird", heißt es darin. Auch die vom Gazastreifen aus abgeschossenen Raketen müssten verurteilt werden.
Zu der Demonstration, an deren Rand eine Israelfahne verbrannt worden war, hatten neben verschiedenen arabischen Vereinen auch zehn Mitglieder der Linksfraktion im Bundestag aufgerufen, und zwar dieselben Abgeordneten, die auch schon anlässlich des Gedenkens an die Reichspogromnacht im vergangenen November einen Antrag im Bundestag gegen Antisemitismus abgelehnt hatten, weil diese angeblich "jegliche Kritik an der israelischen Politik für illegitim" erkläre.
Norman Paech, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion und Mitunterzeichner des Demoaufrufs, weist die Kritik zurück: "Ich kenne keinen aus der Fraktion oder der Partei, der das Existenzrecht Israels leugnet." Es handele sich lediglich um Kritik an der Politik Israels", sagte er der taz. FsD-Sprecher Liebich wollte sich mit der Begründung nicht zufriedengeben und erklärte an, dass es weiteren Gesprächsbedarf gebe.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden