"Pro Deutschland": Parteitag mit Hindernissen
Rund 1.000 Menschen versuchen, den Parteitag der Islam-feindlichen Partei "Pro Deutschland" zu blockieren. Das Bündnis kritisiert Polizeieinsatz als unverhältnismäßig.
In Nadelstreifenanzug, Krawatte und gegeelten Haaren steht der Pro-Deutschland-Mann auf der Treppe des Rathauses Schöneberg. "Wo sind denn eure angekündigten 6.000 Leute?" ruft er höhnisch über PolizistInnen und Absperrgitter hinüber zu den Protestierenden. Wütende Pfiffe und "Nazis-raus"-Rufe schallen zurück. Ein breites Bündnis aus antifaschistischen Initiativen, Parteien und Gewerkschaften wollte mit fünf Kundgebungen rund um das Rathaus den dortigen Bundesparteitag von Pro Deutschland, dem hinter Islam-Kritik versteckter Rassismus vorgeworfen wird, verhindern. Letztlich beginnt der Parteitag mit mehrstündiger Verspätung, die Sitzung des Bundesvorstands am Vormittag musste verschoben werden.
Von über den Tag verteilt 2.500 DemonstrantInnen spricht Dirk Stegemann, Sprecher des Bündnisses "Gegen den Parteitag von Pro Deutschland", später. Doch es dürften eher knapp 1.000 gewesen sein - und die sahen sich bei ihren Blockadeversuchen mit einer von Beginn an äußerst rabbiaten Polizei konfrontiert. "Die Leute sind mit massiver Gewalt bedrängt worden, Polizisten haben ihnen ins Gesicht geschlagen und Pfefferspray aus kürzester Distanz mitten in die Augen gesprüht", so Stegemann, der selbst eine volle Ladung Reizgas abbekam. Die Bilanz des 500-Personen starken Polizeiaufgebots: Sieben Festnahmen, acht Personalienfeststellungen - unter anderem wegen Landfriedensbruch, gefährlicher Körperverletzung und Aufforderung zu Straftaten. Ein Redner des Bündnisses wurde bis Ende der Veranstaltung festgehalten, weil er "wiederholt über Lautsprecher zu Blockaden aufgefordert" habe.
Mit oder ohne Aufforderung: Als sich am frühen Nachmittag die erste Gruppe von Pro-Deutschland-Funktionären dem Rathaus nähert, setzen sich schnell etwa 400 Menschen auf die Straße und den Gehweg. Über eine halbe Stunde lang versucht die Polizei, den Bürgersteig frei zu prügeln - ohne Erfolg. Die Beamten machen kehrt, laden die Pro-Entourage in eine Wanne und rasen auf die andere Seite des John-F.-Kennedy-Platzes. So schnell sind die Blockierenden nicht: Die Rechtspopulisten haben es ins Rathaus geschafft, weitere kleine Gruppen werden von der Polizei peau à peau nach drinnen eskortiert.
Etliche Medienvertreter dagegen müssen draußen bleiben: Offenbar willkürlich und sichtlich überfordert entscheidet der Bundesvorsitzende von Pro Deutschland Manfred Rouhs an einer Polizeiabsperrung, welche Journalisten passieren dürfen. Für den Fotografen der taz sei kein Platz mehr: "Sonst habe ich hier ja die halbe linke Presselandschaft", so Rouhs. Drinnen lässt er einige Satzungsänderungen durchwinken, darunter die Verlegung des Bundessitzes nach Berlin, wo die Rechten 2011 ins Abgeordnetenhaus einziehen wollen.
Noch allerdings kann von einer Verankerung der Partei in Berlin keine Rede sein: Rund 80 statt der erwarteten 150 Besucher verteilen sich auf den BVV-Saal, größtenteils Männer jenseits der 40. Zudem steht die Unterstützung durch einen groß angekündigten Reisebus aus Köln, wo die Pro-Bewegung ihren Ursprung hat, im Stau: Mit stundenlanger Verspätung steigen schließlich neun Personen aus.
Von Anfang an dabei ist dafür der schwedische Millionär Patrik Brinkmann, Parteimitglied und seit kurzem Berliner. Ihm dankt Rouhs für die Überschreibung einer Gläubiger-Forderung von 25.000 Euro. Brinkmann waren Ambitionen auf ein Amt beim Berliner Ableger der seit 2005 bundesweit agierenden Pro-Bewegung nachgesagt worden. Dies verneint er allerdings gegenüber der taz.
Seine Freunde und er seien in Berlin nicht willkommen, stellt derweil vor dem Schöneberger Rathaus der bekannteste DJ der Stadt klar: "Hier spricht Dr. Motte. Wir wollen keine Nazis in unseren Rathäusern, wir wollen nicht das Rad der Geschichte zurückdrehen", ruft der Loveparade-Gründer ins Mikrofon. Andere Prominente Gesichter - etwa der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, der tags zuvor noch zur Teilnahme aufgerufen hatte - sind bei den Protesten nicht zu sehen.
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