Pro & Contra Neue EU-Abgaswerte: Fortschritt oder Verzögerung?
CDU-MdEP Herbert Reul hält den Kommissionsvorschlag für sinnvoll. Seine grüne Kollegin Rebecca Harms warnt, die Tricksereien der Konzerne abzunicken.
Pro
„Nach dem Skandal um geschönte Abgaswerte ist klar, dass wir Testverfahren unter realen Fahrbedingungen brauchen. Die gültigen Euro-6- Grenzwerte sind dafür jedoch viel zu niedrig, denn jede Autofahrt und damit jeder Test unter realen Bedingungen ist unterschiedlich. Verkehrsaufkommen, Fahrweise, Strecke oder Witterung beeinflussen die Messungen erheblich.
Deshalb haben sich EU-Mitgliedstaaten und Kommission verständigt, welche Abweichungen von den gültigen Euro-6-Grenzwerten bei den Tests erlaubt sind. Das ist auch umweltpolitisch sinnvoll. Wer diesen Beschluss ablehnt, schadet der Umwelt genauso wie der Automobilindustrie, die Planungssicherheit braucht.
Nur mit diesem Kompromiss werden schon ab kommendem Jahr Testverfahren unter realen Straßenverkehrsbedingungen eingeführt. Lehnt das EP den Beschluss ab, werden wir auf Fortschritte bei den Testverfahren noch Jahre warten. Die im Parlament vorgebrachten rechtlichen Gründe gegen den Beschluss sind vorgeschoben. Im Europaparlament machen einige eine Politik, die den von VW begangenen Betrug zur Mobilmachung gegen die gesamte Autoindustrie nutzt. Das ist unverantwortlich.“ (Herbert Reul)
Contra
„Es geht nicht um Gängelei der Autoindustrie, sondern um die Gesundheit der Menschen in der EU und die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft. In der EU sterben jedes Jahr Zehntausende frühzeitig wegen der Stickoxidemissionen in der Luft. Die Kosten für unsere Gesundheitssysteme sind enorm. Städte wie Paris, Mailand und Stuttgart versinken im Smog und müssen Fahrverbote verhängen.
Die Autohersteller hatten lange Zeit, sich auf die neuen Grenzwerte einzustellen. Doch sie haben sich darauf konzentriert, ihre Autos dem bisherigen schlechten Zulassungstest anzupassen oder gar zu betrügen – wohl wissend, dass ihre Fahrzeuge im normalen Betrieb die Grenzwerte um ein Vielfaches überschreiten.
Das Europäische Parlament darf das nicht nachträglich legalisieren. Das scheinheilige Argument der Industrie, dass eine Ablehnung der Grenzwerte jetzt die Einführung der besseren Testverfahren verzögern würde, ist schlichtweg falsch. Die Tests könnten unverzüglich wie geplant zur Datenerhebung eingeführt werden. Tatsächlich für alle neu zugelassen Fahrzeuge sollen sie sowieso erst ab 2019 gelten. Bis dahin sollte es doch möglich sein, eine bessere Einigung zu erreichen.“ (Rebecca Harms)
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München