Pro & Contra 2014: Es wird alles schlechter. Oder besser.
2014 wird die Hölle, meint der eine. Der andere ist optimistisch und rät, sich das Höhlentier des Jahres zum Vorbild zu nehmen. Ein Pro & Contra.
Es wird schlomm
Sagen wir es besser gleich: Das Jahr 2014 wird superscheiße. Sämtliche Wetterphänomene erreichen auf der steilen Treppe abwärts die nächste Stufe: Was voriges Jahr noch über den Philippinen tobte, verheert nun Thüringen, während in Ostasien ein Weltraumsturm sein übles Werk versieht. „Pech“ nennen das die Klimaskeptiker, von der US-Umweltbehörde bis Harald Martenstein. Und eigentlich haben sie damit ja gar nicht mal so unrecht.
Spätestens im März 2014 läuft das Internet über und ist nicht mehr zu gebrauchen. Dafür arbeitet jeder Zweite nun als analoger Spitzel bei NSA oder BND. Jeder erste wiederum wird arbeitslos. Macht aber nichts, denn mit dem Euro kann man sich 2014 allenfalls noch den Arsch abwischen. Von der neuen Regierung werden wir 2014 nicht mehr regiert, sondern bloß noch negiert. Negiert, haha. Statt regiert, hahaha. Auch der Humor wird 2014 schlechter denn je. Til Schweiger und Matthias Schweighöfer heißen die Stars, über die man auch im neuen Jahr vergeblich versucht zu lachen.
![](https://taz.de/picture/129844/14/tazze_508972.png)
Was kommt 2014? Die taz.am wochenende wagt den Blick in die Zukunft: In der taz.am wochenende vom 28./29. Dezember 2013 . Fabian Hinrichs wird „Tatort“-Kommissar, Vitali Klitschko nutzt seine Boxkenntnisse in der Politik, der Manhattan wird das Getränk des Jahres und das Darknet eine Chance für den digitalen Ungehorsam. Außerdem: Prominente erzählen, was sich ändern muss. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Doch 2014 wird ohnehin viel mehr geweint als gelacht. Denn das neue Jahr wird richtig, richtig schlimm. Und zwar auf allen Ebenen. Es wird das schlimmste Jahr überhaupt. „Schlimm“ reicht da als Ausdruck längst nicht mehr, deshalb muss eigens das Attribut „schlomm“ erfunden werden, was – wen wundert’s? – zugleich Wort und Unwort des Jahres 2014 wird.
Alle werden krank, soweit sie nicht sowieso schon krank sind. Schweinegrippe, Vogelgrippe, Katzengrippe, Menschengrippe – eine Seuche nach der anderen greift mit langen grünen Armen nach allem, was da kreucht und fleucht. Auch der Osterhase wird krank und der Weihnachtsmann. Beide werden 2014 nicht zu uns kommen, ganz schlomm. By the Way ist 2014 nach einer Weissagung der Karokee-Indianer auch das Jahr des Weltuntergangs. Und deren Prophezeiungen sind bislang noch immer korrekt eingetroffen (Christi Geburt, Mondlandung sowie zahlreiche Ergebniswetten der dritten finnischen Liga mit exakter Tordifferenz).
Am Ende werden wir alle sterben. Klingt schlomm, ist es aber nicht, denn irgendwann wäre das eh passiert. ULI HANNEMANN
So schlimm wird es nicht
Natürlich, einerseits: 2014 wird wie üblich Tod, Elend und Verwüstung bringen – so will es die Natur des Menschen. Und aus demselben Grund ebenso sicher wird 2014 Freude, Liebe und Bezauberndes für uns bereithalten. Für die meisten jedenfalls.
Aber wäre man nicht ein übellauniger, misanthropischer Ork, würde man nicht Ersteres wider besseren Wissens beiseiteschieben und Letzterem mit hoffnungsvoller Vorfreude entgegenblicken? Oft ist ja – die zwei Seiten der Medaille, Yin/Yang und der ganze spirituelle Quark, Sie kennen das – beides in einem Thema vereint!
Von der notwendigen Kritik an der Verelendung ganzer Länder durch eine enthemmte Wirtschaftspolitik ist es nur ein winziger Schritt bis zum fauligen Eurokritikertum broderschen Ausmaßes. Also sollten wir uns trotz allem darüber freuen, dass am 1. Januar Lettland der Eurozone beitritt und uns der Auflösung des ganzen völkischen und nationalen Unfugs ein kleines bisschen näher bringen wird.
Denn die Prüfungen werden hart sein: 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs, Fußball-WM, 25 Jahre Mauerfall, die elfte Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“, 75. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs – das bedeutet unendlich viele Gelegenheiten, alle mühsam antrainierten chauvinistischen Hemmungen über Bord zu werfen und sich im Morast aus schwarz-rot-goldener Selbstbesoffenheit und herbeihalluziniertem Opfergetue zu suhlen.
Doch selbst in der größten Dunkelheit findet sich Trost. Während aller drohenden Live-Schaltungen zu „Fanmeilen“, bei Auftritten von Dieter Bohlen samt Mieze Katz und Übertragungen bundespräsidialer Besinnungsreden können wir uns doch an Erfreuliches halten.
Wussten Sie, dass das Höhlentier des Jahres 2014 die Höhlenwasserassel (Proasellus cavaticus) ist? Das bis zu acht Millimeter lange Tierchen ist blind und unpigmentiert, lebt so friedlich wie unauffällig im Grundwasser weit unter unseren Füßen glücklich und still vor sich hin und erteilt uns damit eine Lektion in Sachen Dezenz und gutes Benehmen. Wie könnte ein Jahr, das der Höhlenwasserassel gewidmet ist, anders werden als ein trostreiches und hoffnungsfrohes? Also: Prosit 2014! HEIKO WERNING
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören