Privatrundfunk: Staatsferne eines Staatsministers
Der neue Intendant der bayerischen ARD-Anstalt ist ein ehemaliger Regierungssprecher. Jetzt wird auch noch der Privatfunk von einem kontrolliert, der bisher Staatsminister war.
Um die ganze Absurdität der Präsidentenwahl bei Bayerns Landesmedienanstalt zu offenbaren, braucht es nur einen Satz: "Nun gilt es für den Staatsminister, seine Staatsferne unter Beweis zu stellen", sagt der FDP-Abgeordnete Tobias Thalhammer am Morgen nach der Wahl. Ein staatsferner Staatsminister - das wäre nicht nur in Bayern etwas ganz neues.
Der Medienrat, das oberste Gremium der BLM, hat am Donnerstag mit 33 zu 11 Stimmen Siegfried Schneider zum obersten und offiziell unabhängigen Medienaufseher im Freistaat gewählt. Schneider, den Staatskanzleiminister, den CSU-Oberbayern-Vorsitzenden. Er sei sich sicher, dass Schneider "die neue Aufgabe mit seiner großen medienpolitischen Erfahrung glänzend meistern wird", verkündete Ministerpräsident Horst Seehofer.
Dabei beschäftigt sich Schneider erst seit zwei Jahren mit Medienpolitik. Trotzdem setzte sich der gelernte Volksschullehrer von der CSU am Donnerstag klar gegen Gabriele Goderbauer-Marchner durch. Die hat zwar jahrelange Erfahrung als Medienprofessorin und ist auch CSU-Mitglied, ihre Kandidatur wurde aber von SPD, Grünen, FDP und den Freien Wählern unterstützt. Ein chancenloses Unternehmen gegen die CSU-Übermacht im Medienrat.
Die Mehrheit der Sitze in dem Gremium gehört zwar keine Parteien, sondern unabhängigen Verbänden. Doch die sind häufig so CSU-nah, dass sie im Medienrat konsequenterweise gleich von CSU-Politikern vertreten werden. Für den Landessportverband im Medienrat: der CSU-Landtagsabgeord Bernd Kränzle. Für den Bauernverband: die CSU-Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler. "Dadurch kommt der CSU mehr Gewicht zu, als ihr zusteht", ärgert sich FDP-Mann Thalhammer.
Die meisten anderen Verbandsvertreter erhofften sich Vorteile durch die in Zukunft noch größere Nähe zur Regierung, meint Ulrike Gote von den Grünen. "Das Wahlergebnis hat auch damit zu tun, dass viele Medienräte wirtschaftliche Interessen verfolgen." Eine besonders harte Aufsicht haben die bayerischen Privatsender wohl unter dem zukünftigen BLM-Chef nicht zu befürchten. Stattdessen will er kräftig Geld verteilen.
Schneider hat angekündigt, er wolle die technische Infrastruktur der privaten Lokalsender fördern. Bislang fördert die BLM vor allem das Programm der Sender. Wer Geld will, muss relevante Inhalte senden. Das könnte sich unter Schneider ändern, befürchtet Grünen-Politikerin Gote. Schneiders Ideen zur Privatfunk-Förderung seien "schwierig".
Leser*innenkommentare
Hans Sax
Gast
Dumpf grollt’s und brodelt’s nun im Goderkoben,
nicht ums Verrecken mag wer Schneidern loben.
Statt in der großen Politik zu werkeln,
bleibt Zeit fürs Schachspiel mit den Goderferkeln.
Enno
Gast
Nun singen wir fröhlich "Gallippe, Gallappe"
und pfeifen uns eins auf die Goder-Attrappe.
Jung Siegfried, der wrf sie zum Campus hinaus
und hält sie nun auch aus dem Medienhaus raus.
Martin E.
Gast
Hätt ich ja nie gedacht, dass ich dies mal schreiben würde: Aber irgendwie hier schon Respekt für die FDP, dass sie sich so offen gegen den CSU-Klüngel stellt. Zwar ohne Erfolg, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Mehr kann mna glaube ich in Bayern noch nicht erwarten.