Privatisierung von Badeseen: Kampf um Brandenburgs Wasser

In Brandenburg sollen 15.000 Hektar Seen verkauft werden - alles ehemaliges Volkseigentum. Doch der Protest kommt nur schleppend in Gang.

Potsdams Uferweg ist ins Wasser gefallen: Anwohner sperren Straße zum Griebnitzsee. Bild: dpa

Brandenburg ist das gewässerreichste Bundesland in Deutschland - alleine 3.000 Seen mit einer Größe von mehr als einem Hektar laden zum Baden ein. So weit, so gut.

Nun die schlechte Nachricht. Das Seenland Brandenburg verspricht auch Geschäfte, vor allem für den Bund. 10.000 Hektar hat die bundeseigene Bodenverwertungs- und Verwaltungs GmbH (BVVG) mit Sitz in Düsseldorf in Ostdeutschland bereits verkauft, 6.000 Hektar davon im Seenland Brandenburg. 15.000 weitere Hektar sollen folgen. Die Ironie der Geschichte: Die Seen, die nun über den Tisch gehen, waren vor der Wende allesamt in DDR-Besitz, Volkseigentum nannte man das damals.

Dass die Privatisierung von Wasser ein Aufregerthema ist, weiß man zwischen Elbe und Oder. Vor allem in Potsdam. Eine Teilprivatisierung der Wasserbetriebe aus dem Jahre 1997 wurde nur fünf Jahre später wieder rückgängig gemacht - für teures Geld. Wasser ist eben doch keine Ware, lautete die späte Einsicht.

Ruhe ist in der einstigen Residenzstadt, die sich malerisch zwischen der kurfürstlichen Seen- und Schlösserlandschaft erstreckt, dennoch nicht eingekehrt. Am Griebnitzsee haben einige Neureiche in diesem Jahr kurzerhand Barrikaden errichtet - und damit einen beliebten Uferweg gesperrt. Seitdem herrscht in der brandenburgischen Landeshauptstadt wieder Klassenkampf. Reiche Privateigentümer klauen der armen Allgemeinheit einen öffentlichen Weg.

Blöd nur, dass die Kämpferin fürs Gute so überaus blöd war. Obwohl der Stadt Potsdam von Anfang an bewusst war, dass die Griebnitzsee-Bonzen Mauergrundstücke kauften - und sich damit nicht um öffentliche Wege scheren mussten -, behauptete Potsdam das Gegenteil und vergaß, mit den Eigentümern zu verhandeln. Nun gibt ein Gericht nach dem anderen den Bonzen Recht - und Potsdams Uferweg ist ins Wasser gefallen.

Etwas einfacher liegen die Dinge am Mellensee. Das 250 Hektar große Idyll im Süden Berlins steht zwar auch zum Verkauf, doch den schwarzen Peter hat diesmal nicht die Kommune, sondern die BVVG. Entsprechend einig ist man sich in Zossen - von der Linken bis zur CDU. Der Mellensee bleibt unser. Welcher Gefahr einem ehemals volks- und nun kapitalisteneigenen See droht, hat schließlich der Verkauf des Wandlitzsees im Norden Berlins gezeigt. Stegbesitzer müssen dem neuen Eigentümer nun Pacht zahlen und für eine öffentliche Badestelle muss eine Gemeinde nun 50.000 Euro im Jahr löhnen.

Anders als in Potsdam bliesen die Anwohner am Mellensee auch nicht zum Klassenkampf, sondern zu einer Onlinepetition. Doch das könnte ein böser Fehler gewesen sein. Seenland bleibt Bürgerland, das mag ja jeder unterschreiben, aber im Netz? Mit einloggen und so? Bis vor einer Woche sammelten die Privatisierungsgegner nur etwa 3.000 der nötigen 50.000 Unterschriften. Zwar stieg die Zahl der Petiteure nach zahlreichen Presseberichten am Mittwoch auf über 10.000 an. Ob das Quorum dennoch erreicht wird, ist fraglich. Schließlich endet die Onlinepetition am Mellensee am Freitag. Die einzige Hoffnung für den Mellensee sind damit die Gerichte. Eine Bundesbehörde hat den See vor einem Jahr dem Land Brandenburg zugeschlagen und dem Zugriff des Bundes entzogen. Eine Klage der BVVG ist anhängig.

Zu Ende ist der neue Kampf ums Wasser also noch lange nicht. Derzeit verhandelt die BVVG bereits über den nächsten See, und der liegt mitten in Potsdam. Aber vielleicht findet sich für den Fahrländer See, mit einer Fläche von 250 Hektar der zweitgrößte See in Potsdam, ja kein Spekulant als Käufer, sondern einer, der sich seinem Eigentum auch verpflichtet fühlt. Im eifrigen Seelein-wechsel-dich-Spiel in Brandenburg mischen nämlich auch die Naturschützer mit. 23 Seen hat alleine der Naturschutzbund Brandenburg gekauft, 100 sollen es werden.

"Gemeinsam mit den Nutzern wollen wir dafür sorgen, dass die Gewässer in einen ökologisch besseren Zustand gebracht werden", begründet der Geschäftsführer des Nabu Brandenburg, Wolfgang Mädlow, die Beteiligung seines Verbands am Seeroulette. So habe man bei einem See bei Sandkrug im Landkreis Barnim zum Beispiel marode Stege entfernt. Einen Widerspruch zum Protest gegen den Verkauf am Mellensee will Mädlow nicht erkennen. "Wir kaufen nur, um das Schlimmste zu verhindern."

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