Privater Briefzusteller wird aufgekauft: Neue Holtzbrinck-Post
Der Holtzbrinck-Verlag sagt der Post den Kampf an und kauft Teile des insolventen Briefzustellers Pin. Die Gewerkschaft erwartet, dass die Arbeitsplätze erhalten werden.
Der Holtzbrinck-Verlag trägt seine Post in Zukunft teilweise selbst aus. Wie der Insolvenzverwalter der Pin-Holding, Bruno Kübler und das Stuttgarter Verlagshaus am Donnerstagabend mitteilten, hat der Konzern einen Großteil des privaten Postdienstleisters erworben. Laut Holtzbrinck wird das Unternehmen zwölf Pin-Gesellschaften mit rund 2.500 Mitarbeitern übernehmen: Sechs davon zu 100 Prozent, die übrigen in "wesentlicher" Beteiligung. Über den Kaufpreis vereinbarten die Verhandlungspartner Stillschweigen. Das Bundeskartellamt muss der Übernahme noch zustimmen.
Unter den verkauften Pin-Subunternehmen befindet sich auch die Berliner Pin Mail AG, die größte Tochter der Privatpostgruppe. Zudem übernimmt Holtzbrinck die acht Pin-Gesellschaften in Brandenburg, den Freiburger Briefzusteller Arriva, die Main-PostLogistik GmbH und die Main-Sortier GmbH. "Holtzbrinck wird damit wichtigster Wettbewerber der Post im Großraum Berlin, den neuen Ländern, in Unterfranken und im Raum Freiburg", erklärte Bruno Kübler. Mit den verlagseigenen Zeitungen in den jeweiligen Regionen sollen die ehemaligen Pin-Holding-Töchter "eng zusammenarbeiten".
Arbeitsplätze sollen nach Angaben des Holtzbrinck-Verlages nicht abgebaut werden. An den Beschäftigungsverhältnissen der festen und freien Mitarbeiter werde sich in absehbarer Zeit nichts ändern, erklärte ein Konzernsprecher. Man wolle sich "selbstverständlich" an die gesetzliche Mindestlohnregelung von 9,80 Euro pro Stunde halten.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di begrüßte die Übernahme. "Der Insolvenzverwalter hat vernünftige Arbeit geleistet", erklärte Sprecher Günter Isemeyer. Man gehe davon aus, dass die Arbeitsplätze gesichert bleiben und dass sich Holtzbrinck an den gesetzlichen Mindestlohn halten werde. Der Verlag sei bisher nicht durch Dumping-Löhne aufgefallen.
Nachdem der Springer-Verlag, ehemaliger Mehrheitseigner bei Pin, dem Unternehmen 2007 alle finanziellen Zuschüsse strich, mussten viele der früheren 120 Gesellschaften Insolvenz anmelden. Davon wurden bereits alle verkauft oder geschlossen. In den letzten 20 Pin-Töchtern, die nicht Insolvenz angemeldet hatten, warten nun noch etwa 1.200 Angestellte auf neue Arbeitgeber. Insolvenzverwalter Kübler verhandelt nach eigenen Angaben mit mehreren Investoren über "regionale Lösungen".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste