Prinzen-Sänger über Thinktank: "Die linke Mehrheit gibt es ja"
Sebastian Krumbiegel, Sänger der Band "Die Prinzen", hat einen rot-rot-grünen Thinktank mitgegründet. Im taz-Interview erklärt er warum.
taz: Herr Krumbiegel, Sie haben am Sonntag den ersten rot-rot-grünen Thinktank, das Institut Solidarische Moderne mitgegründet. Warum?
Sebastian Krumbiegel: Weil ich ein politisch interessierter Mensch bin, der sich gern ungefragt einmischt. Bei einer Feier in der SPD-Parteizentrale, dem Willy-Brandt-Haus, habe ich die Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel kennengelernt. Die finde ich wirklich ganz großartig, weil sie so gar nichts von Parteisoldatentum verströmt. Drohsel hat mir die Idee erklärt, dass das Institut an einem Gegenentwurf zur neoliberalen, marktorientierten Politik arbeitet, und ich bin sehr froh, dass SPD, Grüne und Linke diesen Versuch machen wollen.
Glauben Sie, 2013 gibt es eine rot-rot-grüne Alternative zu Schwarz-Gelb?
Spätestens dann! Mir ist schon klar, dass ich mich hier auf dünnem Eis bewege. Ich bin kein Fachmann für Koalitionsfragen, sondern ein Kind der Leipziger Montagsdemonstrationen, das gelernt hat, dass es möglich ist, die Gesellschaft zu verändern. Ich habe aber schon lange gehofft, dass SPD und Linkspartei ihre Verkrampfungen lösen können. Denn die linke Mehrheit in Deutschland, die gibt es ja.
Die Widerstände gegen ein solches Bündnis werden gigantisch sein. Ist es nicht zu früh, der Gegenseite Stoff zu liefern?
Ich finde, der Zeitpunkt ist sogar längst gewesen. Ich bin kein Stratege, sondern Bauchmensch, aber seit Jahren warten viele darauf, dass sich die Linke endlich einkriegt und anfängt, gemeinsame Ideen zu formulieren.
Die Reaktion der Springer-Presse, wenn jemand in einem von Andrea Ypsilanti organisierten Institut laut etwa über Verstaatlichung nachdenkt, ist absehbar.
Ach, von Verstaatlichung hat doch sogar Angela Merkel in der Finanzkrise gesprochen. Was Andrea Ypsilanti angeht, so habe ich mich natürlich auch furchtbar geärgert, dass ihr rot-rot-grünes Bündnis in Hessen nicht geklappt hat. Vielleicht hätte sie den Leuten tatsächlich vorher etwas anderes sagen sollen. Aber so viel Politiker bin ich dann doch, dass ich glaube, ein bestimmter Zweck heiligt auch ein bisschen die Mittel. Wer die Leute vor einer Wahl nur warnt und verängstigt, ohne ihnen etwas zu versprechen, wird sie nicht gewinnen. Das haben wir damals nach der Wende schon gesehen, als Oskar Lafontaine gegen Helmut Kohl die Wahl verlor, nachdem er darauf hinwies, wie schwierig die Wiedervereinigung würde.
Sebastian Krumbiegel, 43, kommt aus Leipzig, ist Solosänger und seit 1991 Sänger der Band Die Prinzen (u. a. "Küssen verboten", "Alles nur geklaut"). 2009 nahm er im Auftrag der Sachsen-SPD an der Wahl des Bundespräsidenten teil. Sein aktuelles Album heißt "Tempelhof".
Was ist an Schwarz-Gelb schlechter als an Rot-Grün?
Ganz klar: Atompolitik, Afghanistanpolitik, und nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen werden wir auch große Veränderungen in der Sozialpolitik erleben.
Die meisten Sozialverbände finden, schlimmer als mit Gerhard Schröder kann es nicht mehr kommen.
Ja, ich weiß. Auch wir Prinzen haben damals Gerhard Schröder unterstützt und in sein Horn mit reingetutet. Damals waren wir der Ansicht, es muss sich etwas ändern. Aber auch die SPD hat sich ja schon in so vielen Dingen korrigiert. Ich wollte übrigens damals schon nicht in der Haut von Gerhard Schröder und Joschka Fischer gesteckt haben, als die all die Entscheidungen zu treffen hatten. Wir müssen eben eine neue Glaubwürdigkeit im linken Lager schaffen, uns wieder Versprechungen zutrauen.
Würden Sie auch Wahlkampf dafür machen?
Klar, ich hab ja schon Wahlkampf für die SPD gemacht, da habe ich kein Problem mit. Ich würde nie meine Hand für jemanden ins Feuer legen in der Politik. Am Ende ist das ein Geschäft, wo mit sehr harten Bandagen gekämpft wird. Aber ich bin eben ein bekennender Freund sozialer und demokratischer Politik.
Schön, aber würden Sie auch einen explizit rot-rot-grünen Wahlkampf mitmachen?
Oh, das muss man sehen. Das werde ich von den Inhalten abhängig machen, um die es bei der Wahl 2013 geht.
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