Pride-Parade in Marzahn: „Anfeindungen sind keine Seltenheit“

Am 18. Juli zieht eine Pride-Parade durchs Zentrum russischen Lebens in Marzahn: Um die Queerness der Community zu zeigen und Vorurteile abzubauen.

Ende Juni 2020: Teilnehmer der «Pride Berlin: Save our Community, Save our Pride» tragen Nasen-Mund-Schutz in Form einer Hundemaske.

Mit Nasen-Mund-Schutz bei der „Pride Berlin: Save our Community, Save our Pride“ Ende Juni 2020 Foto: picture alliance/Annette Riedl/dpa

taz: Frau Plekhanova, weshalb findet die Parade am Samstag ausgerechnet in Marzahn statt?

Victoria Plekhanova: Quarteera ist ein Verein, der die russischstämmige LGBT+–Community in Berlin vernetzen möchte, und gerade in Marzahn ist der Anteil russischer Mitbürger*innen sehr hoch. Leider begegnen wir aber auch insbesondere dort immer wieder großer Ablehnung.

Übertragen sich die LGBT+-feindlichen politischen Einstellungen in Russland auch auf die russische Community hierzulande?

Ja, absolut. Viele leben zwar schon lange in Deutschland, sind mit der Seele aber russisch und stehen auch politisch dem russischen Regime nahe. Da passt ein nicht heterosexuelles Paar einfach nicht ins Weltbild. Das gilt leider auch für diejenigen, die schon in zweiter oder dritter Generation hier leben. Anfeindungen wie „Satan“ oder „Teufel“ sind keine Seltenheit. Bald wird in Russland eventuell ein Gesetz beschlossen, das es gleichgeschlechtlichen Paaren verbieten soll, zusammenzuwohnen.

Victoria Plekhanova

Die Künstlerin ist Pressesprecherin bei Quarteera, einem Verein zur Vernetzung der russischstämmigen LGTB+-Community.

Was ist die Antwort von Quarteera auf LGBT+-feindliches Verhalten in der russischen Community?

Wir versuchen, der Diskriminierung mit Bildung und Aufklärung zu begegnen. Und hoffen, dass man uns zuhört. Die meisten wissen gar nicht, warum sie uns hassen. Es ist einfach erlernt. Doch wir sind genauso Menschen, wie Heterosexuelle es sind – mit Kindern, mit Sorgen und Kummer, wie jeder andere auch. Das zu zeigen ist die einzige Möglichkeit, Verständnis zu schaffen. Das erhoffen wir uns auch von der Parade am Samstag. Wir wünschen uns, nicht mehr allein auf unsere Sexualität reduziert zu werden.

Wann und wo genau wird die Parade stattfinden? Welche Coronaregeln gibt es?

Wir treffen uns am Samstag um 12 Uhr am S-Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße. Von dort aus laufen wir Richtung Landsberger Allee und Marzahner Promenade – also zwischen den großen Zentren des russischsprachigen Lebens in Marzahn mit russischsprachigen Ärzten, Firmen, Kaufhäusern, Cafés, also genau unserer Zielgruppe. Am Victor-Klemperer-Platz soll am Ende die Kundgebung stattfinden. Wir erwarten etwa 450 Teilnehmer*innen. Grundsätzlich müssen alle den Abstand halten. Auch eine Maske ist Pflicht.

Konntet ihr auch während der Vorbereitungen auf die Parade schon mit einigen Vorurteilen brechen?

Ja, da gab es eine sehr schöne Begegnung, als wir vor ein paar Wochen vor Ort waren, um uns die Route anzusehen. Dabei sind wir mit ein paar Menschen in den anliegenden Cafés ins Gespräch gekommen, unter anderem einem älteren russischen Anwohner. Wider unsere Erwartungen war er sehr aufgeschlossen und interessiert an unserer Arbeit. Es ist schön, wenn auch unsere eigenen Stereotype widerlegt werden.

Gibt es eine:n Sprecher:in, auf die sich die Teilnehmer:innen besonders freuen können?

Wirklich toll ist, dass Petra Pau, die Vizepräsidentin des Bundestages, uns mit ihrer Rede und Teilnahme unterstützt. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass sich eine so ranghohe Politikerin für unsere Belange einsetzt. Außerdem kommt zum Beispiel Kathrin Schultz vom Projekt Lesben stärken in Marzahn-Hellersdorf. Auch sie wird sicherlich Interessantes berichten.

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