Pressekonferenz von Angela Merkel: „Die Tonalität war oft sehr schroff“
Die Kanzlerin kritisiert in ihrer Sommerpressekonferenz den harten Ton im unionsinternen Asylstreit. Das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten verteidigt sie.
Sie werde sich immer wieder gegen „bestimmte Erosionen der Sprache“ wenden, hob die CDU-Vorsitzende hervor. Denn Sprache sei ein „Ausdruck von Denken“, deswegen „muss man sehr vorsichtig sein“. Insofern sei die Form, in der die Auseinandersetzung geführt worden sei, „sicherlich noch verbesserungsfähig“.
Der CSU-Vorsitzende und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte die Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an der deutschen Grenze gefordert, im Zweifel auch im nationalen Alleingang. Da Merkel dies ablehnte, entwickelte sich ein heftiger Streit in der Union, der von Seiten Seehofers und seiner Partei in teilweise ungewöhnlich hartem Ton geführt wurde.
Die Entscheidung des Kabinetts, die Maghreb-Länder und Georgien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, verteidigte sie. Damit mache die Regierung deutlich, dass Deutschland auf der einen Seite denen, die Schutz bräuchten, auch Schutz gebe. Auf der anderen Seite sei es aber wichtig, dass die Sachlage für jene, die keinen Anspruch auf Hilfe hätten, sehr schnell geklärt werde, damit keine Hoffnungen geweckt würden, die nicht eingelöst werden könnten.
Die Arbeit der Seenotretter schätze sie
Das bis Jahresende geplante Einwanderungsgesetz bezeichnete sie derweil als „zentrales Projekt“. Es diene zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sowie der illegalen Migration. Es gehe dabei um eigene deutsche Interessen, könne aber auch so ausgestaltet werden, dass es zu Abkommen mit anderen Ländern führe, um Migration zu ordnen und zu steuern.
Bei der Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge im Mittelmeer setzt die Kanzlerin auf eine europäische Lösung, ohne auszuführen, wie diese genau aussehen könnte. Italien will einem Zeitungsbericht zufolge künftig auch keine Flüchtlinge mehr aufnehmen, die von Schiffen der EU-Marinemission „Sophia“ aus dem Mittelmeer gerettet werden. In den vergangenen Wochen wurden bereits mehrere Schiffe ziviler Organisationen, die Schiffbrüchige retten, blockiert.
Merkel sagte, sie schätze die Arbeit ziviler Seenotretter. Sie hätten in der Vergangenheit vielen Menschen das Leben gerettet. Die Seenotrettung sei erst einmal eine internationale Aufgabe, „aus der man sich sowieso nicht herausziehen kann“, sagte die deutsche Regierungschefin.
Gleichzeitig betonte Merkel, es sei wichtig, „dass Nichtregierungsorganisationen, die sich an Rettungen beteiligen, die Territorialgewässer Libyens respektieren“. Das werde von allen EU-Mitgliedstaaten so gesehen.
Merkel wirbt für Multilateralismus
Mit Blick auf die Abgrenzung von US-Präsident Donald Trump von Europa betonte Merkel, dass sie sich ungeachtete dessen zur transatlantischen Partnerschaft bekenne. Die Zusammenarbeit mit den USA sei weiter „zentral für uns“, sagte die Kanzlerin. „Ich werde sie auch weiter pflegen.“
Trump hatte während seiner Europareise in der vergangenen Woche die Nato in Frage gestellt und die Europäische Union als Gegner bezeichnet. Außerdem ist er aus internationalen Vereinbarungen wie dem Pariser UN-Klimaabkommen und dem Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe ausgestiegen. Merkel räumte ein, dass der bisherige internationale Ordnungsrahmen „im Augenblick stark unter Druck steht“. Sie werde aber weiter für den so genannten Multilateralismus werben, betonte sie.
Kurz vor Beginn ihres Urlaubs hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin bei der traditionellen Sommerpressekonferenz den Fragen der Hauptstadtreporter gestellt. In diesem Jahr war es immerhin schon Merkels zweiter Auftritt im Saal mit der bekannten blauen Wand. Im März war sie schon einmal da, als die Spitzen von CDU, CSU und SPD den Koalitionsvertrag präsentierten.
Zuletzt hatte es innerhalb der Union Streit um die Flüchtlingspolitik gegeben. Besonders angespannt war das Verhältnis zu Innenminister Horst Seehofer (CSU), der kurzzeitig mit Rücktritt drohte.
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