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Pressekonferenz mit FolgenProtest ohne Amtssiegel

Den Gegnern eines Nazi-Aufmarschs in Schöneweide droht ein Verfahren. Ihr Vergehen: eine spontane Pressekonferenz unter freiem Himmel - ohne Genehmigung.

Da konnten sie noch lachen: Teilnehmer der Pressekonferenz in Schöneweide Bild: Ulf Bünermann

Weil er eine Pressekonferenz auf einem Bahnhofsvorplatz veranstaltete und dazu keine Genehmigung einholte, drohen Hans Erxleben vom Bündnis für Demokratie und Toleranz Treptow-Köpenick jetzt ein Ordnungswidrigkeitsverfahren und eine Geldbuße. Das bestätigt Polizeisprecher Frank Millert der taz: "Am betreffenden Tag und Ort hat der Anmelder keine Sondernutzungserlaubnis für öffentliches Straßenland vorweisen können."

Es geht um die Pressekonferenz des Bündnisses gegen Rechts am 15. September, wo die Orte der Kundgebung und Demonstration gegen das drei Tage später geplante Nazi-Konzert am Bahnhof Schöneweide bekannt gegeben wurden. Dass die Veranstaltung so kurzfristig anberaumt wurde, liegt an der Geheimhaltungstaktik der Innenverwaltung: Die hatte erst wenige Tage vor dem rechtsextremen Event den genauen Ort - den Busbahnhof Johannisthal - bekannt gegeben. Das Bündnis gegen Rechts, das in Sicht- und Hörweite der NPD protestieren wollte, konnte erst dann die Berliner Öffentlichkeit informieren.

Veranstalter Erxleben hatte sowohl Polizei als auch Bezirksamt vorab über die Pressekonferenz unter freiem Himmel informiert. Das Bezirksamt hatte sogar Bildungsstadtrat Dirk Retzlaff (SPD) als Redner zur Pressekonferenz geschickt. Um eine offizielle Genehmigung hatte Erxleben aber nicht ersucht. "So ein Antrag muss normalerweise drei bis vier Wochen vor einer Veranstaltung eingereicht werden", sagt der 64-Jährige. Das erschwere die Reaktion auf kurzfristige Entwicklungen. Bestrafe man ihn jetzt, so Erxleben, "dann steht die Pressefreiheit in Gefahr".

Für Presserechtsanwalt Johannes Eisenberg verletzt das Bußgeldverfahren das Recht auf freie Meinungsäußerung. "Straßen dienen nicht nur dem Verkehrsfluss, sondern auch der Kommunikation. Solange es nicht verboten ist, sich dort zu unterhalten, braucht man auch für eine Pressekonferenz keinen Antrag auf Sondernutzung zu stellen." Es sei weder der Verkehr beeinflusst worden, noch habe es sich um eine kommerzielle Veranstaltung gehandelt.

Polizeisprecher Millert, der die vermeintliche Ordnungswidrigkeit prüfen ließ, kommt zu einem anderen Ergebnis. Die Pressekonferenz unterlag ihm zufolge klar der Erlaubnispflicht. Die Polizei vor Ort habe den Anmelder bereits im Vorfeld darauf hingewiesen. Der Leiter des zuständigen Ordnungsamtes Treptow-Köpenick, Michael Twirdy, sieht das anders. Das Verhalten der Polizei halte er für "merkwürdig". Twirdy räumt allerdings ein, eine Genehmigungspflicht im Vorfeld nicht ausgeschlossen zu haben: "Ich konnte nicht überblicken, wie viele Journalisten kommen würden. Bei 100 Personen wäre eine Genehmigung nötig gewesen." Tatsächlich versammelte sich dann gerade mal ein knappes Dutzend auf dem Bahnhofsvorplatz.

Wenn sich Erxleben juristisch zur Wehr setzt, hat er Angebote aus renommierten Anwaltsbüros, ihn zu vertreten. Prominentester ist der Anwalt und Landeschef der Regierungspartei Die Linke, Klaus Lederer, der als Redner auf der nicht genehmigten Pressekonferenz auftrat. Lederer spricht von einem "absurden und abenteuerlichen Vorgang".

Pikantes Detail am Rande: Zu Beginn der Pressekonferenz konnten die Teilnehmer beoachten, wie der stellvertretende Landesvorsitzende der NPD, Sebastian Schmidtke, am Bahnhofsausgang eine Currywurst aß und sich mit Blick auf die Pressekonferenz an Polizeibeamte wandte. Ob das Ordnungswidrigkeitsverfahren auf Schmidtke zurückgeht, wollte die Polizei der taz nicht sagen.

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