Pressefreiheit in Russland: Kritische Stimme verstummt

Die kritische russische Zeitung „Nowaja Gaseta“ muss ihr Erscheinen bis auf weiteres einstellen. Die Medienaufsicht hatte sie zuvor zweimal verwarnt.

Titelblatt der Novaya Gazeta

Eine der letzten Ausgaben: Titelblatt der Novaja Gaseta, Ende März Foto: Dmitry Feokistov/imago

BERLIN taz | In Russland verstummt eine weitere kritische Stimme: Am Montag teilte das Medium Nowaja Gaseta mit, seine Tätigkeit im Netz und auf Papier bis zum „Ende der Spezialoperation russischer Truppen in der Ukraine“ einstellen zu wollen. Bis dahin hatte die Nowaja Gaseta unter Auslassung des Wortes „Krieg“ aus ukrainischen Städten berichtet, die Schauplatz russischer Angriffe sind.

Dieser Entscheidung der Redaktion vorausgegangen war eine zweite schriftliche Verwarnung des Föderalen Dienstes für die Aufsicht im Bereich der Informationstechnologie und Massenkommunikation (Roskomnadsor), derzufolge einem Beitrag nicht die Erwähnung „ausländischer Agent“ beigefügt gewesen sei.

Der erste derartige Brandbrief war der Nowaja Gaseta am 22. März ins Haus geflattert. Auch da sei der Grund die fehlende Labelung als „ausländischer Agent“ gewesen. Roskomnadsor hatte eine Korrektur angeordnet, die öffentlich gemacht werden müsse. In der Regel ziehen zwei Verwarnungen innerhalb eines Jahres den Entzug der Lizenz nach sich.

Bereits in der ersten Märzwoche hatten die Re­dak­teu­r*in­nen mitgeteilt, dass sie wegen der Androhung strafrechtlicher Verfolgung Berichte über die Feindseligkeiten in der Ukraine entfernt und ihr Newsportal gestoppt hätten. Am 6. März ging der Nachrichtendienst wieder an den Start – trotz Militärzensur.

Kurz darauf wurde bekannt, dass Zu­stel­le­r*in­nen die Abon­nen­t*in­nen der Nowaja Gaseta darüber informiert hätten, die russische Post habe die Auflage als „extremistisches“ Material beschlagnahmt. In der vergangenen Woche verweigerte die Post In­ter­es­sen­t*in­nen den Abschluss eines Abos für die gedruckte Ausgabe. Nach entsprechenden Medienberichten hatte die Post versprochen, diese Entscheidung rückgängig zu machen und eine interne Untersuchung einzuleiten.

Die jüngsten Schikanen sind offensichtlich eine Retourkutsche für einen Vorstoß des Chefredakteurs und letztjährigen Friedensnobelpreisträgers Dmitri Muratow. Der hatte angekündigt, seine Medaille verkaufen und den Erlös an ukrainische Geflüchtete spenden zu wollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.