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Press-SchlagGekaufte Stimmung

WM-Vergabe 2006Die deutschen WM-Werber erweisen sich mehr und mehr als Großmeister der Korruption

Das Sommermärchen 2006 ist mit dem Sieg Italiens im WM-Finale von Berlin zu Ende gegangen. Und doch geht es, wie es sich für ein echtes Märchen eben gehört, nach dem eigentlichen Ende weiter. Mit irrwitziger Regelmäßigkeit tauchen Dokumente auf, die belegen, wie viele finstere Kräfte geschmiert und kassiert haben waren, bis die große Party in Schwarz-Rot-Gold gefeiert werden konnte.

Diesmal geht es um Millionenzahlungen eines deutschen Medienriesen an einen libanesischen Strippenzieher, der besonders gute Kontakte zu Funktionären unterhalten hat, die über den Austragungsort der WM 2006 mitentscheiden durften. Und wieder einmal mischt der vom DFB so gern genutzte Superstrippenzieher und Beckenbauer-Spezi Fedor Radmann dabei mit. Das Übliche eben. Wundern will sich über Derartiges schon lange niemand mehr. Ebenso wenig wie über den in diesem Fall wieder einmal fehlenden Aufklärungswillen im DFB. Dabei ist längst klar, dass die deutschen WM-Bewerber seinerzeit getan haben, was man damals eben tun musste, um das große Weltturnier des Fußballsports, Fifa-Fußball-Weltmeisterschaft[TM]ins Land zu holen: schmieren, schmieren, schmieren.

Der DFB sagt immer noch, dass es doch keinen Beweis dafür gebe, dass die WM gekauft worden ist. Es wird schon keine Quittung auftauchen, in der der Empfänger einer Millionenzahlung bestätigt, dass er Geld für eine Stimme bei der WM-Vergabe erhalten hat. Im deutschen Verband wird man wohl so tun, als sei alles immer mit rechten Dingen zugegangen, bis eben eine solche Quittung auftaucht. Und die verdienstvollen Rechercheure, im jüngsten Fall die des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, graben weiter, um Belege für einen Stimmenkauf zu finden. Doch diese eine alles sagende Quittung, wird auch der findigste Rechercheur nicht auftun. Sei’s drum!

Lasst uns die Suche nach dem Beweis für einen Stimmenkauf für beendet erklären! Lasst uns von Stimmungskauf sprechen! Dafür gibt es Belege noch und nöcher: von einem Satz Fußballausrüstung für Trinidad und Tobago über horrende Reisespesen oder Übertragungsrechte von Freundschaftsspielen in Thailand bis zu jener oft genannten Summe von 6,7 Millionen Euro, die über klandestin organisierte Umwege auf dem Konto des korrupten katarischen Superfunktionärs Mohammed bin Hammam gelandet sind. Man weiß, dass die deutschen Turnierwerber einen regelrechten Korruptionsteppich gewoben haben, den sie auf beinahe allen Kontinenten der Welt ausgelegt haben. Es galt eine Stimmung der Gewogenheit zu organisieren.

Ob die Schmiergeldzahlungen, die Päsente und Privilegien letztlich wirklich dazu geführt haben, dass der begünstigte Funktionär für Deutschland als WM-Gastgeber gestimmt hat, ist unerheblich. Die große Korruption im Vorfeld der WM 2006 ist längst bewiesen. Der DFB hat mitgespielt im mafiösen Spiel der Fifa. Er muss es gut beherrscht haben. Das Sommermärchen hätte sonst nicht stattgefunden. Andreas Rüttenauer

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