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Press-SchlagEin geistiger Dinosaurier

Der Deadline Day verlief ­wieder mal unspektakulär. Dabei ist er nicht nur Blödsinn, sondern übersieht auch einen Stimmungswandel

Einen „Deadline Day der Superlative“ vermeldete das Portal sport.de am Donnerstag. Und vielleicht war das am Ende gar nicht ernst gemeint, sondern eine feinsinnige Ironie des erschöpften Volontärs, dem man hämisch grinsend aufs Auge gedrückt hatte, die Nichtereignisse des sogenannten Deadline Day vom Morgengrauen bis zum Abendrot zu verfolgen und die sensationellen Verpflichtungen des FC Augsburg oder des FC Ingolstadt zu vermelden.

Die großen Coups. Die Top-Talente. Die heißen Transfer-Poker. Vielleicht war die Überschrift sogar ernst gemeint. Obwohl niemand, aber auch wirklich niemand in den Fankurven den Deadline Day ernst nimmt. Und er nebenbei auch nicht funktioniert. So hartnäckig ihn Sky vermarkten will: Der Tag der Transferschlüsse ist ein geistiger Dinosaurier aus einer Ära, von der sich viele Anhänger längst distanziert haben. Das „Immer mehr, immer größer“ der neunziger Jahre gilt nicht mehr. Nur ist das bei den meisten Verantwortlichen noch nicht angekommen.

Noch vor ein paar Jahren tat man hierzulande den Deadline Day mitsamt seiner medialen Ausschlachtung als abgedrehtes goldenes Kalb aus England ab. Die Briten mit ihrer Premier League beteten das Geld an wie sonst nur Kalle Rummenigge; kein Wunder, dass die sich auch eine ganztägige Übertragung des letzten Tages vor dem Schluss des Transferfensters reinzogen. Total bekloppt, aber in der Bundesliga hatten wir ja auch die 50+1-Regel und alles war viel bodenständiger. Manch einer munkelte vielleicht, genau das sollte man ändern. Damit mal wieder ein deutsches Team die Champions League gewinnt. Lange ist’s her.

Heute freilich hat sich daran einiges geändert. Die Bundesliga ist eine andere, zementierter noch in ihrem Meisterschaftsrennen als die englische oder spanische Liga, und klar, wir haben jetzt auch einen Deadline Day. Der besteht größtenteils daraus, dass sogenannte Sky-Experten von einem Standort zum anderen schalten, um sich gegenseitig zu versichern, dass bei ihnen auch nichts passiert ist. Aber vielleicht gibt es ja Neuigkeiten aus Ingolstadt?

Inhaltlich ist der Deadline Day hierzulande also noch größerer Blödsinn als anderswo, denn abgesehen vom FC Bayern, der theoretisch was Großes kaufen könnte, aber halt leider nichts kaufte, gibt es kein Potenzial für spektakuläre Transfers. Die sogenannten Top-Stars werden immer noch hauptsächlich zwischen der Premier League und der Primera Division hin- und hergeschoben. Bayer ­Leverkusen kauft keinen Zlatan ­Ibrahimovic.

Und abgesehen von der inhaltlichen Unsinnigkeit, will es auch keiner mehr sehen. Die Goldgräberstimmung der Neunziger ist vorbei, verflogen mit der Übersättigung durch immer mehr Fußball, der explodierenden Ungleichheit der Geldverteilung unter den Clubs und der Gier der Vereinsbosse nach immer mehr. Die neuen Rekordsummen, die die Bundesligaclubs angeblich ausgegeben haben, die neuen Rekordgehälter oder den irren Wechsel – das bejubelt niemand mehr. Das goldene Kalb ist ausgemolken.

Bei Sky haben sie das wohl noch nicht gemerkt. Und bei sport.de heißt es in der Unterzeile etwas enttäuscht, die Bundesligaclubs hätten sich diesmal „vornehm zurückgehalten“ mit Transfers.

Blöd so was.

Alina Schwermer

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