■ Press-Schlag: Pendeldiplomatie!
Haben Sie gelegentlich den Eindruck, der Sport würde an dieser Stelle nicht so recht ernst genommen? Ja? Na schön, dann werden wir jetzt sofort ganz seriös! Das Wort hat der Bundespräsident Richard von Weizsäcker. Er wird zum Thema „Der Mensch an sich und Boris Becker im speziellen“ sprechen, also: „Boris Becker ist eine aus dem Rahmen fallende, markante Einzelerscheinung.“ Halt, hochverehrtes Staatsoberhaupt! Wir unterbrechen nur ungern, aber diese Ausführung kann so nicht unwidersprochen stehenbleiben!
Es ist ja in Wirklichkeit so, daß Herr Becker seit längerem nicht mehr einzeln erscheint, sondern stets im Schlepp mit Herrn Stich. Oder umgekehrt, ganz wie's beliebt. Erinnert sei an dieser Stelle nur an Barcelona, die Olympischen Spiele. Ah, Herr Präsident erinnern sich? Sehr schön. Vielleicht auch an Melbourne? Und Stuttgart? „Michael, der Boris hat gesagt...“ – „Boris, gestern hat Michael behauptet...“ Keiner blieb ohne Frage nach dem anderen. Immerhin, es geht um den Davis-Cup, ein Wettbewerb mit gleichsam nationaler Bedeutung, Becker will nicht, Stich schon, aber nicht zusammen, oder vielleicht doch, aber wer weiß das schon?
Es herrscht, wie man in Bonn sagt, Handlungsbedarf. Erfreulich: DTB-Präsident Claus Stauder hat nun am Wochenende in dieser Sache „Pendeldiplomatie“ aufgenommen. Fazit: „Konkrete Ergebnisse gibt es derzeit nicht. Es werden noch weitere Gespräche nötig sein.“
Könnten Sie, Herr von Weizsäcker, das Ganze nicht etwas beschleunigen? Die „Domino-Theorie“ anwenden? Den krisenerprobten „Ali Ben“ Wischnewski zuziehen? Um einen UNO-Sonderbeauftragten bitten? Oder wenigstens für ein Vier-Augen-Gespräch sorgen? Oder in Genf einen Gipfel einberufen?
Nicht, daß nach der Politikverdrossenheit auch noch Tennisverdrossenheit das Land heimsucht! Herr Thömmes
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