Press-Schlag: Total tote Hose
■ Ernst Happels langweilige Jünger
Ernst Happel hatte es schon vor langer Zeit gewußt: „Der Fußball wird immer primitiver, von Jahr zu Jahr.“ Daß allerdings ausgerechnet seine einstigen Schüler am tatkräftigsten an der Umsetzung dieser Vision arbeiten würden, hatte der grantlige Hütteldorfer wohl kaum geahnt. Von der Happelschen Devise „Zerschlagen, was noch gar nicht entstand, und sich dann selber entwickeln“, haben Aleksander Ristic und Felix Magath jedenfalls nur die erste Hälfte im Gedächtnis behalten.
„Wir wollten nicht gut spielen“, erklärte Magath nach der miserablen Vorstellung seines Hamburger SV bei Schalke 04 zur allseitigen Verblüffung und ging sogar noch einen Schritt weiter: „Wir wollten hier nicht gewinnen.“ Das ist ihm glänzend gelungen, etliche der im Stadion befindlichen Menschen werden sich künftig allerdings überlegen, ob sie sich noch einmal ein Spiel, an dem der HSV teilnimmt oder wenigstens so tut, zumuten sollten.
Nicht gewinnen wollte in Duisburg auch Aleksander Ristic, der mit Fortuna Düsseldorf schon lange einen Fußball spielt, dessen hervorstechendste Eigenschaft man gut nach den treuesten Fans des Vereins benennen könnte: Tote Hose. Unverschämterweise hat Ristic damit auch noch Erfolg. Acht Tore hat seine Mannschaft in elf Spielen erzielt und damit 15 Punkte gesammelt. „Wir befinden uns auf dem besten Weg, den Abstieg zu verhindern“, freut sich Fortuna-Präsident Hauswald, „das ist in letzter Konsequenz das einzige, was zählt.“
Da hat dem guten Mann der vielbeschworene, aber schon abflauende Bundesliga-Boom offenbar gehörig die Sicht vernebelt. Fußball soll ja schließlich nicht nur gespielt, sondern auch verkauft werden. Und wie so etwas geht, haben in Berlin gerade die Basketballer aus den USA vorgeführt. „Es muß Spaß machen, dabei zu sein“, lautet das Credo von NBA- Commissioner David Stern, der Sport müsse Vergnügen bescheren. TV-Einschaltquoten und Zuschauerzahlen geben ihm recht, beruhigt kann er der nahen Zukunft entgegensehen, wenn weltweit tausend NBA-Spiele live im digitalen Pay-per-view-Fernsehen übertragen werden.
Auch hierzulande will der Sender premiere bald alle Bundesliga-Spiele live zeigen. 200 bis 300 Mark sollte es nach Ansicht von Werder-Manager Willi Lemke kosten, alle Auswärtsspiele eines Vereins zu buchen. Befürchtungen, daß es Fußball im Fernsehen künftig nur noch gegen Bezahlung gibt, bekommen neue Nahrung. Solange jedoch die Minimalismus- Philosophie der Magaths und Ristics grassiert, könnte der Begriff „pay-per-view“ für die Bundesliga eine ganz eigene Bedeutung annehmen. Man müßte den Leuten Geld geben, damit sie sich so etwas anschauen. Matti
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen