piwik no script img

Press-SchlagIch, Otto 2000

■ Der "beste Mann" bleibt in der Pfalz

Es war 17.26 Uhr am Samstag abend, als FCK-Präsident Hubert Keßler vor die Mikrofone trat und das verkündete, was allen in Kaiserslautern längst klar war: Trainer Otto Rehhagel bleibt beim 1. FC Kaiserslautern. Zwar (noch) nicht bis zum 30. Juni 2006, wie es Keßler in seiner redseligen Art entfuhr, aber das Jahr 2000 wird der „Freund“ mitsamt seiner Beate als Coach der Pfälzer begrüßen dürfen. Wenn nichts dazwischen kommt und ihm weiter das Glück zur Seite steht. So wie gegen den 1. FC Köln! Zwar hatten die Kölner außer ein paar Geistesblitzen von Toni Polster und zeitweise zu rohem Spiel kaum etwas zu bieten, schafften es aber immerhin, zweimal auszugleichen. Aber dank Michael Schjönbergs 3:2 Siegtreffer sieben Minuten vor Schluß muß der 1. FC Köln nun gerechterweise auf Platz 18 überwintern. Der verdiente, aber auch etwas glückliche Gewinner steht derweil nun weitere sechs Wochen unbehelligt auf Platz eins, vier Punkte vor den Bayern.

Nicht zuletzt Uli Hoeneß' Breitseiten gegen Otto Rehhagel, der angeblich nicht fähig sei, einen Weltverein zu trainieren, hatten die Pfälzer Anhänger bis zuletzt wengistens etwas zweifeln lassen, ob der Unfehlbare nicht doch seine Freunde Friedrich und Keßler im Stich lassen könnte, um den Gegenbeweis anzutreten. Zum Beispiel beim abstiegsbedrohten FC Valencia in der Primera Division. Präsident Keßler zeigte sich von den (fiktiven?) Angeboten, von denen keines preisgegeben wurde, stark beeindruckt: „Ich glaube, ich hätte da nicht nein sagen können.“ Bei Wiener Schnitzel, Pommes und Salat haben sie sich denn weiter aneinander gebunden beim weihnachtlichen Abendessen im Mannschaftshotel Blechhammer.

Womit das Schicksal des Klubs nun endgültig in die Hand des Trainers gelegt ist, den die Fans als ihren „besten Mann“ feierten. „Otto und der FCK!“ schallte es von der Westtribüne. Dabei war Rehhagel gerade von dort noch am 11. Juni nach dem 7:6 gegen den SV Meppen, als der Aufstieg vollzogen war, gnadenlos ausgepfiffen worden. Doch der Name Briegel, damaliger Liebling der Fans, ist längst Schall und Rauch. Was kümmert sie der Mist, den sie gestern noch geschrien haben.

Bedingungen hat Rehhagel angeblich keine gestellt, eine Ausstiegsklausel soll nicht exitieren. Aber eine „gewisse Risikobereitschaft“ hat er verlangt. Was für ihn spricht: nach außen formuliert er das Erreichen eines europäischen Wettbewerbs als Ziel. Letztlich will er aber natürlich nur eines, Meister werden vor den Bayern und Uli Hoeneß zeigen, daß er, Otto Rehhagel, einen Weltverein nicht bloß trainieren, sondern abhängen kann. Mit einem Klub aus der Provinz. Wenigstens für eine Saison, vielleicht auch länger. Günter Rohrbacher-List

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen