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Press-SchlagDas Spiel kann sich nur in Freiburg entscheiden

■ Warum Trainer Volker Finke erneut seinen Vertrag mit dem Sport-Club verlängert hat

Die langersehnte Meldung ist also da. Volker Finke hat seinen Vertrag in Freiburg um ein weiteres Jahr verlängert. Bis Juni 1998 wird er Trainer des Sport- Clubs bleiben. Mindestens.

Ja und?

War doch klar!

Nach dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga den radikalen Umbruch vollzogen, eine junge Mannschaft zusammengestellt, Tabellenführer in der Zweiten Liga, alle Zeichen auf Rückkehr ins Oberhaus gestellt – warum hätte der Mann gerade jetzt den Krempel hinschmeißen sollen? Warum also hat Finke länger gezögert als all die Jahre davor, bevor er Präsident Achim Stocker die Zusage gab, auch noch eine achte Saison in Freiburg den Cheftrainer zu geben?

„Habe mich selbst überprüft“: Und was soll man sagen? Volker Finke/SC Freiburg ist auch diesmal wieder Testsieger geworden Foto: Bongarts

Weil „das Telefon öfters geläutet hat“, wie Finke (49) unlängst erzählt hat, „und Vereine dran waren, bei denen ich vor vier Jahren noch zitternde Hände bekommen hätte“? Oder doch, weil ihm noch die Ohren geklingelt haben von den gellenden Pfiffen, mit denen er im Frühjahr regelmäßig im Dreisamstadion empfangen wurde?

Sagen wir so: Volker Finke geht mit dem Sport-Club in die Verlängerung, weil die Sache noch unentschieden steht. Weil es in den zurückliegenden sieben Jahren in Freiburg um mehr ging als Erfolge und Mißerfolge einer Fußballmannschaft. Oder weil sich in den letzten Jahren doch nur noch alles darum drehte.

Ja, die Sache ist verdreht.

Und Finke hat sich selbst phasenweise bis ins Selbstzerstörerische darin verwickelt. Daß er ein bemerkenswert guter Fußballehrer ist, hat Finke – auch sich selbst – in der ersten Saison nach dem Abstieg aus der Bundesliga bereits bewiesen.

Wieder hat er, wie zu Beginn seiner Freiburger Zeit, ein No- name-Team zusammengestellt, das mit sehenswertem Kombinationsfußball mehr Erfolg hat, als man tatsächlich erwarten konnte. Aber Finke übt nicht nur mit seiner jungen Mannschaft die Kunst des Kurzpaßspiels, er erprobt auch an sich selbst den Zusammenhang von Erfolg und Scheitern.

Im Abstiegsjahr hat Finke spät entdeckt, daß er die Sucht nach Erfolg auch mit der Aufgabe der eigenen Grundsätze bezahlt hatte. „Unterm Strich“, sagt er jetzt, „war die vergangene Saison in Freiburg die wichtigste. Auch wenn es sehr weh getan hat, ich habe ein Stück Reife gewonnen.“

Nur daß der Mann dem Braten selber noch nicht richtig traut. „Ich habe mich selbst überprüft“, hat Finkle unlängst in einem Interview zu Protokoll gegeben. „Was will ich in dem Beruf eigentlich? Soll ich in diese Suchtstruktur rein, immer höher, dann wieder zum nächsten, noch größeren Verein? Wenn man in dieser Suchtstruktur drin ist, dann gibt es ja kein Aufhören mehr.“

Jetzt macht er in Freiburg weiter. „Finke hält dem SC die Treue“ hat die Lokalzeitung gestern getitelt. Der Fall liegt komplizierter: Finke versucht, sich selber wieder treu zu bleiben.

Klar hatte der erfolgreiche Trainer jetzt wieder jede Menge Angebote. Aber ob Bremen oder Premier League – das Spiel Volker Finkes kann nur in Freiburg entschieden werden. Uli Fuchs, Freiburg

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