Press-Schlag: Kein Parkplatz mehr für den Hooligan
■ Real Madrid bricht mit den tormeuchelnden Fans von den Ultras Sur
„Wer mit Kindern das Bett teilt, steht verpinkelt auf“, warnt der spanische Volksmund diejenigen, die ihre Freunde nicht auszuwählen wissen. Lorenzo Sanz, Präsident von Real Madrid, scheint das Sprichwort nicht zu kennen. Wie sonst hätten die Ultras Sur, Sanz' Lieblinge unter den Anhänger des letztjährigen spanischen Meisters, den Klub so in Schwierigkeiten bringen können. Beim Champions-League-Spiel gegen Borussia Dortmund bestiegen die Ultras einen Absperrzaun, der zusammenbrach und das daran festgebundene Tor mitriß. Insgesamt 1,56 Millionen Mark Geldstrafe und eine Sperre des Bernabéu-Stadions für die nächsten zwei Spiele in europäischen Wettbewerben verhängte die Uefa am Sonntag für die Sicherheitsmängel, die Spielverzögerung und den Verkauf von 13.000 Eintrittskarten mehr, als erlaubt. „Ein bewaffneter Raubüberfall“, schimpfte die Madrider Sportzeitung Marca.
„Wir werden nicht mehr länger zuschauen, wie die Fans in der Südkurve machen, was sie wollen“, kündigte Sanz den Ultras die Freundschaft. Künftig werden die radikalen Hooligans nicht mehr auf Kosten von Real Madrid kreuz und quer durch die spanische und europäische Geographie ziehen können, um auf den Stadionrängen ihre Fahnen der Franco-Diktatur und den Hitlergruß zur Schau zu stellen. Der Raum im Bernabéu, in dem die Ultras Transparente und Megaphone aufbewahrten, wurde geschlossen. Ultras-Sur-Chef José Luis Ochaita, wegen seines gewalttätigen Auftretens seit über einem Jahr mit polizeilichem Stadionverbot in ganz Spanien belegt, darf künftig seinen Wagen nicht mehr auf dem Parklatz des Vorstands abstellen.
Ein Bruch, den sich die gemäßigten Fan-Clubs schon lange wünschten. Sie klagten immer wieder über den Vorstand, der die Ultras weit mehr unterstützte als sie. So deckte die Tageszeitung El Pais letzten Juni auf, daß die Ultras anläßlich eines Ligaspiels Real Madrid – FC Extremadura in einer stillgelegten Stadionkasse Freikarten verkauften, die ihnen zuvor vom Vorstand zur Verfügung gestellt worden waren.
Viele der Abgestraften protestierten am Wochenende beim Heimspiel gegen Athletic Bilbao mit Abwesenheit gegen die neue Klubpolitik. Wer dennoch den Weg ins Bernabéu fand, setzte sich in der nur mit Stehplätzen ausgestatteten Südkurve auf den Boden. Die Transparente und Fahnen fehlten. Und anstatt der üblichen Gesänge und Sprechchöre herrschte Ruhe. Reiner Wandler
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