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Prekäre Arbeit in der WissenschaftSoziologen sollen sozial sein

Auf dem Soziologentag wird auch der unsichere Status des wissenschaftlichen Nachwuchses thematisiert. Dafür sorgt eine Berliner Initiative.

Sieht niedlich aus und meckert nicht: ein Roboter unterstützt die Dozenten an der Uni Kassel bei der Ausbildung von Studenten. Bild: dpa

Unter den zahlreichen Gelehrten, die sich derzeit in Trier zum Soziologentag treffen ist auch ein Grüppchen aus Berlin, das den Kongress um ein wenig Alltagssoziologie anreichern will. „Wir wollen da ordentlich Stimmung machen“, sagt Peter Ullrich, Protest- und Bewegungsforscher an der Technischen Universität Berlin.

Die von Ullrich mitgegründete Initiative „Für gute Arbeit in der Wissenschaft“ will die versammelten Professoren auf die prekäre Situation der Nachwuchssoziologen aufmerksam machen und hat einen offenen Brief verfasst, welchen sie dem Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Soziologie am Mittwoch übergibt.

Darin fordern sie die „lieben Kolleginnen und Kollegen“ auf, sich an ihren Universitäten für gute Beschäftigungsverhältnisse einzusetzen. Der bereits bestehende Ethikkodex der DGS für gute Forschung sollte um einen Absatz zur guten Arbeit ergänzt werden. Binnen zwei Wochen haben über 2.300 Menschen den Brief im Internet unterschrieben.

„Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin und alleinerziehend und musste mich in fünf Jahren zweimal erneut an anderen Universitäten bewerben“, kommentiert Christiane Ernst aus Bochum die Petition. Auch Professoren haben sich angeschlossen: „Aneinander gestückelte Zeitverträge führen nur dazu, dass der talentierte und engagierte Nachwuchs der Wissenschaft abspringt“, schreibt Michael Corsten aus Hildesheim.

Über 80 Prozent der wissenschaftlichen Mitarbeiter an deutschen Hochschulen sind befristet angestellt, jeder zweite Vertrag dauert nicht einmal ein Jahr. Die Wissenschaftler müssen sich dann um neue Verträge – meist für das selbe Projekt am selben Lehrstuhl – kümmern. Was in anderen Branchen undenkbar ist, wird an den Hochschulen durch das Wissenschaftzeitvertragsgesetz ermöglicht. Es erlaubt den Hochschulen, Wissenschaftler in zeitlich befristeten Forschungsprojekten unbegrenzt auf Zeit anzustellen.

Die große Koalition hat angekündigt, das Gesetz zu novellieren. Doch so lange wollen die Nachwuchssoziologen nicht warten. Sie fordern die Professoren auf, bereits jetzt bestehende Spielräume zu nutzen. Die einst von Max Weber mitgegründete DGS hat heute mit 2.500 Mitgliedern ein weitverzweigtes Netzwerk. Und immerhin heißt es im Ethikkodex: „In ihrer Rolle als Forschende, Lehrende und in der Praxis Tätige tragen Soziologinnen und Soziologen soziale Verantwortung.“

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1 Kommentar

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  • "Es erlaubt den Hochschulen, Wissenschaftler in zeitlich befristeten Forschungsprojekten unbegrenzt auf Zeit anzustellen" - allerdings seit dem "Hochschuldozentenverschrottungsgesetz" nur noch in Drittmittelprojekten. Stänkert nicht auch noch dagegen an, sonst sieht es bald so aus, dass Wissenschaftler ohne feste Stelle gar nicht mehr weiterbeschäftigt werden können. Das kann niemand wollen. Das o.g. genannte Gesetz, das die nach einer bestimmten Anzahl von Jahren die Weiterbeschäftigung mit Haushaltsmitteln verbietet, hat den befristet Angestellten geschadet, nicht geholfen. Helfen können nur mehr unbefristete Stellen. Aber wenn man die Wettbewerbsstrukturen an den Unis ganz beseitigt, ist die Gefahr groß, dass Mittelmaß dauerhaft die festen Stellen besetzt und neue Talente so gut wie keine Chance haben.

    Das gegenwärtige Problem ist, dass durch die Exzellenzinitiative und durch den enormen Drittmitteldruck zu viele Absolventen Doktoranden- und Postdoktorandenstellen erhalten und dadurch zu lang in der Wissenschaft gehalten werden. Mit 40 ist dann der Zug für anderes abgefahren. Dazu kommt die relative Stagnation der Gehälter an den Unis - mit einem Mittelbaugehalt, aber auch mit einem Professorengehalt der unteren Stufe kann man in der oberen Mittelschicht längst nicht mehr mithalten. D.h., für die, die das Risiko eingehen, winkt nur noch ideelle Belohnung.