Preis für Flüchtlingsarbeit in Berlin: Farbe bekennen – ohne „Bild“
Die Senatskanzlei möchte einen Preis für Flüchtlingsarbeit vergeben. Flüchtlingsorganisationen kritisieren dabei die Zusammenarbeit mit der „Bild“.
Der Verein „Moabit hilft“ kritisiert die Wahl des Medienpartners in einer Stellungnahme. Vier weitere Berliner Initiativen haben ebenfalls Bedenken. Die Kampagne „Farbe bekennen“, in deren Rahmen der Preis am 2. Dezember 2018 zum ersten Mal verliehen werden soll, wird von der „Berlin Partner“, „be Berlin“ und der Senatskanzlei unter der Leitung von Sawsan Chebli (SPD), Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement und Internationales, durchgeführt. Die Kampagne möchte mit verschiedenen Aktionen die Situation von Geflüchteten in Berlin verbessern. Im November 2017 wurden dazu bereits Videos auf bild.de veröffentlicht.
„Moabit hilft“ wirft der Bild eine tendenziöse Berichterstattung vor, speziell in Bezug auf das Thema Geflüchtete und Migration. „In der letzten Zeit hat sich die Sprache in der Medienlandschaft verschärft, wodurch es schwer geworden ist, sachlich zu argumentieren“, sagt Diana Henniges, Gründerin und Leiterin des Vereins. Zu dieser Verschärfung trage die gedruckte und die digitale Bild bei, aber auch andere Marken des Axel Springer Verlags. Zwei Drittel der Helfer*innen von „Moabit hilft“ seien selbst Geflohene und werden „durch diese Sprache verletzt“.
Der Verein fordert außerdem mehr Engagement von Staatssekretärin Chebli, von der sie in der Flüchtlingshilfe „bis dato keine bis wenig Unterstützung erhalten“. Auf Anfrage der taz heißt es von der Senatskanzlei, man werde nun verschiedene Organisationen einladen, „um den Austausch zu intensivieren“.
Kein echter Medienpartner
Henniges fragt, wie sinnvoll eine Kooperation mit der Bild im Rahmen einer solchen Kampagne sei und was für ein Publikum man über sie erreiche.
Bereits im Juli hatte „Moabit hilft“ die Nominierung für den Preis der Nebenan-Stiftung abgelehnt, weil dieser unter der Schirmherrschaft von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) stand. Daraufhin hatte Seehofer im August seine Schirmherrschaft zurückgezogen.
Die Bewerbungsfrist für den Preis von „Farbe bekennen“ läuft noch bis zum 26. September. Wenn die Kooperation mit dem Medienpartner Bild beendet würde, „dann wären wir natürlich sofort dabei“, sagt Henniges.
Aus der Sicht der Senatskanzlei ist die Bild jedoch gar kein Medienpartner. Der Preis werde von der Bild nur „medial begleitet“, wie es auf der Homepage heißt. Die Senatskanzlei habe keinen Einfluss darauf, wie intensiv die Bild über die Kampagne „Farbe bekennen“ berichtet.
Besonders überrascht sei man, dass auch Initiativen das Kritikschreiben unterstützen, die im vergangenen Jahr noch mit „Farbe bekennen“ zusammengearbeitet hatten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“