piwik no script img

Präsidialsystem in der TürkeiAuf dem Weg zur Alleinherrschaft

Eine Kommission des türkischen Parlaments hat die geplante Verfassungsreform angenommen. Der Weg zur Abstimmung im Plenum ist damit geebnet.

Vereint jede Menge Macht in seinen Händen – und bald noch mehr Foto: ap

Istanbul dpa | Die wütenden Proteste aus der Opposition waren vergebens: Eine Kommission des türkischen Parlaments hat die geplante Verfassungsreform für ein Präsidialsystem angenommen und damit den Weg zur Abstimmung im Plenum geebnet. Das Vorhaben der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP sei nach nur neun Tagen von der Verfassungskommission bewilligt worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Freitagmorgen.

Die AKP will auf Betreiben von Staatschef Recep Tayyip Erdogan ein Präsidialsystem einführen. Sie wird dabei von der ultranationalistischen MHP unterstützt.

Im Parlament sind für das Vorhaben 330 der 550 Abgeordnetenstimmen notwendig, um ein von Erdogan angestrebtes Verfassungsreferendum abzuhalten. Die AKP und die kleinste Oppositionspartei MHP hätten dafür gemeinsam eine ausreichende Mehrheit.

Die geplante Reform sieht unter anderem vor, dass der Präsident auch Regierungschef wird und das Amt des Ministerpräsidenten entfällt. Erdogan würde so deutlich mehr Macht erhalten, das Parlament wäre geschwächt.

Die beiden anderen Oppositionsparteien – die Mitte-Links-Partei CHP und die pro-kurdische HDP – laufen Sturm gegen die einschneidende Reform. Sie befürchten eine „Diktatur“ in der Türkei. Die Regierung rechnet im Frühjahr mit einem Referendum.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • 1984 wurde die Marmara-Universität gegründet. 1983 bereits erwarb der abgebildete türkische Präsident ein Diplom der Marmara.

    Noch Fragen ?

  • Nun ja, was ist ein Präsidialsystem, wenn jeder Mensch durch Gerichte willkürlich verhaftet werden kann?

     

    Der Oppositionspolitiker von der HDP Selahattin Demirtas sitzt bereits in Haft - es könnte bald bei der CHP weitergehen.

     

    Und was ist Demokratie, wenn Parteien eine 10-Prozent-Hürde schaffen müssen?

    Jede Prozenthürde stellt in irgendeiner Forme eine Unterdrückung einer bestimmten Partei oder Richtung dar, aber bei 10-Prozent ist dies mehr als nur eine Hürde, weil die Mehrheitsfraktion stark begünstigt wird- alles was unter den Tisch fällt, wird der Mehrheit anteilig am stärksten zugeschrieben.

     

    Dass ein in solcher Art zusammengesetztes Parlament, sich dann selber entmachtet, um eine Person zu ermächtigen, die bisher nur repräsentative Aufgaben hatte - was ist davon zu halten?

     

    Das ist doch offenkundig was faul - Ahmet Sezer zum Beispiel war nicht mal ein mächtiger Mann, sondern ein Richter - jetzt wird nach meiner Auffassung die Verfassung 'neu' geschrieben und zwar ohne ausreichende Legitimation. Solche Entscheidungen müssten in einer freien Wahl von allen Staatsbürgern entschieden werden, auch von denen, die in Haft sind.

     

    P.S. Erdogan hat ja auch schon mal gesagt, dass Atatürk ein Alkoholiker / Trinker war - das zeigt gut, in welche Richtung es gehen soll = islamische Pseudodemokratie Türkei

  • Das sind doch eindeutig Fake-News. So etwas kann in der demokratischen, friedliebenden Türkei überhaupt nicht geschehen. Das kann schon daran abgelesen werden, dass das von der "...islamisch-konservativen Regierungspartei AKP" ausgehen soll. Wenn dem so wäre, würde da natürlich "islamistisch" stehen.