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Präsidentschaftswahlen in SerbienEU-Freund gegen Nationalist

Siegt der prowestliche Präsident Boris Tadic oder sein nationalistischer Herausforderer Tomislav Nikolic? Der Ausgang der Wahlen entscheidet, ob sich Serbien auf den Weg nach Brüssel macht.

Geben die Serben mehrheitlich Präsident Tadic ihre Stimme, dann will er sie "in die EU führen." Bild: dpa

BELGRAD taz Seit der Wende vor fast acht Jahren waren keine Wahlen in Serbien so spannend und keine Wahlkampagne war so eindringlich und kostspielig. Zwar wird am Sonntag ein neuer Präsident gewählt, der aufgrund der serbischen Verfassung hauptsächlich formale und protokollarische Befugnisse hat. Doch im Schatten der ungelösten Statusfrage der Provinz Kosovo sind diese Präsidentschaftswahlen für viele gleichzeitig ein Volksbegehren darüber, ob Serbien seine europäischen Integration fortsetzen oder sich enger an Russland binden wird.

Diese zwei Wege symbolisieren die zwei Favoriten, die auch in die Stichwahl am 3. Februar kommen dürften: der prowestliche amtierende Präsident, Boris Tadic und sein Herausforderer Tomislav Nikolic, der die ultranationalistische "Serbische Radikale Partei" (SRS) anführt. Dem Chef der SRS, Vojislav Ðeðelj, wird gerade der Prozess wegen Kriegsverbrechen vor dem UNO-Tribunal in Den Haag gemacht.

"Wenn ich wiedergewählt werde, werde ich Serbien in die EU führen", verspricht Tadic in seiner Wahlkampagne unter dem Motto "Für ein starkes und stabiles Serbien". Der gut aussehende, jugendlich und sportlich wirkende Präsident hat sich für die im Namen Serbiens begangenen Kriegsverbrechen in Kroatien und Bosnien entschuldigt. Er setzt sich für die volle Zusammenarbeit mit dem UNO-Tribunal ein. Zwar will er auch die Unabhängigkeit des Kosovo "niemals" anerkennen, jedoch unter gar keinen Umständen den europäischen Integrationsprozess abbrechen.

Tadic gilt als ein Mann des Westens. Die EU hat massiv Druck auf die Kosovo-Albaner ausgeübt, mit der Unabhängigkeitserklärung bis nach den Wahlen zu warten, um Tadic Chancen nicht zu verringern.

Demgegenüber zieht Nikolic mit dem Slogan "Mit ganzem Herzen für das Kosovo" durch Serbien und teilt seinen Wählern mit: Wenn die EU das Kosovo anerkennt, dann hat Serbien nichts in der EU zu suchen und sollte sich mit Russland verbrüdern. Er leugnet serbische Verbrechen während des Krieges im ehemaligen Jugoslawien und denkt nicht daran, "serbische Helden" dem "politisierten antiserbischen" UNO-Tribunal auszuliefern.

Der extreme Nationalismus, der früher viele Menschen von den Radikalen abgeschreckt hat, ist diesmal in der Kampagne von Nikolic kaum spürbar. Mit seinen Parolen spricht er vielmehr Millionen sozial schwacher Menschen an: Das Regime sei korrupt, den Staat führten Mafiosi, die im Auftrag des Westens Serbien ausplündern, serbische Unternehmen Ausländern zu Spottpreisen verkauften und Serbien nun auch noch seinen nationalen Stolz wegnehmen wollten.

Alle anderen sieben Kandidaten für das Präsidentenamt gelten als Outsider. Den "Volksblock" vertritt der Minister für Infrastruktur in der serbischen Regierung, Velimir Ilic, der engste Verbündeter des serbischen national-konservativen Ministerpräsidenten, Vojislav Koðtunica. Ilic ist bekannt in der Öffentlichkeit für sein saftiges Fluchen und physische Übergriffe auf Journalisten, die ihm unangenehme Fragen stellen. Er zeigt sich gerne in der Gesellschaft bekannter Volkssängerinnen mit einem Gläschen in der Hand und lässt sich zusammen mit den Würdenträgern der serbisch-orthodoxen Kirche fotografieren. Als Bürgermeister von Cacak wurde Ilic weltweit bekannt, als er sich im Oktober 2000 bewaffnet in einen Bagger setzte, auf dem Weg nach Belgrad alle Polizeiblockaden durchbrach und maßgeblich zum Fall des Regimes von Slobodan Miloðevic beitrug. Ideologisch und in der Kosovo-Frage steht Ilic den Radikalen von Nikolic nahe.

Auch der junge Leader der "Liberaldemokratischen Partei" (LDP), Cedomir Jovanovic, will es diesmal wissen. Er führt eine mutige und kompromisslose Kampagne, spricht vorwiegend junge Menschen an, die ihre Zukunft in der EU sehen, und setzt sich für die Gleichberechtigung der Homosexuellen ein.

Als einziger serbischer Politiker sagt er offen, dass sich Serbien mit dem Verlust des Kosovo abfinden müsse und mit einem unabhängigen Kosovo eine moderne, europäische Gesellschaft aufbauen solle, in der Staatsgrenzen keinen Bedeutung haben. Für Jovanovic verkörpert Premier Koðtunica mit seinen Verbündeten eine nationalistische Politik, die auf Mythen beruht und Serbien in die Isolation führt. Tadic kritisiert er heftig, weil er sich auf eine Koalition mit Koðtunica eingelassen hat. Ob und welchen der zwei Favoriten Ilic und Jovanovic nach der ersten Wahlrunde unterstützen werden, wird maßgebend das Ergebnis der Stichwahl beeinflussen. Mit Nikolic an der Spitze Serbiens wäre jedenfalls die Tür nach Europa von beiden Seiten vorerst fest verschlossen.

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