Präsidentschaftswahl in Rumänien: Ein Sieg gegen Trump
Rumänien hat sich entschieden: für einen proeuropäischen Weg und gegen Nationalismus. Nun muss der neue Präsident Nicușor Dan das Land einen.
N a bitte, geht doch: Der konservativ-liberale proeuropäische Bukarester Oberbürgermeister Nicușor Dan hat das Rennen um das Präsidentenamt in Rumänien in der zweiten Runde für sich entschieden – und das mit knapp 54 Prozent der Stimmen auch noch überraschend deutlich. Offensichtlich war der Chef der rechtsradikalen Allianz für die Vereinigung der Rumänen (AUR) George Simion für die Mehrheit der Rumän*innen schlussendlich denn doch keine Alternative.
Denn das hätte bedeutet, einem Mann mit einer faschistischen Agenda die Geschicke des Landes anzuvertrauen: Rumänien nach Trumpscher Manier wieder groß zu machen, Annexionsfantasien in Bezug auf die Ukraine und Teile der Republik Moldau, ein Credo für die Verteidigung der nationalen Souveränität und ein ausgeprägter Euroskeptizismus. Hinzu kam noch die wenig erfreuliche Aussicht auf die Ernennung von Călin Georgescu zum Regierungschef. Er war von der wiederholten, weil durch das Verfassungsgericht annullierten Wahl ausgeschlossen worden und kommt aus derselben braunen Suppe wie Simion.
Dass viele Rumän*innen die Bedeutung dieser Wahlen als fundamentale Richtungsentscheidung verstanden haben, zeigt nicht zuletzt auch die Wahlbeteiligung von 64,7 Prozent – der höchste Wert seit 20 Jahren. Doch auch wenn es allen Grund dafür gibt, kurz durchzuatmen – nicht zuletzt auch in Brüssel, das jetzt weiter auf einen verlässlichen Partner zählen kann, und in der Ukraine – die Aufgaben, die vor Nicușor Dan liegen, sind gewaltig.

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Er muss versuchen, die extrem polarisierte Gesellschaft zusammenzuführen. Das heißt, auch diejenigen zu adressieren, die sich abgehängt fühlen und deren Politikverdruss stetig gewachsen ist. Auch die Beschaffung einer Mehrheit im Parlament, um dringend notwendige Reformen in der Justiz anzugehen, das Haushaltsdefizit zu reduzieren und den Kampf gegen Korruption zu forcieren, ist kein Selbstgänger.
Als Erstes muss Dan jetzt einen Regierungschef ernennen. Dabei wird es vor allem auch auf die Sozialdemokraten ankommen, die es gilt, mit ins Boot zu holen. Das ist nicht leicht, aber es ist machbar. Dans bemerkenswerte Aufholjagd vor dem zweiten Wahlgang hat gezeigt, wozu er in der Lage ist.
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