Präsidentschaftswahl in Polen: Keine Hoffnung auf Veränderung
Der Amtsinhaber Bronislaw Komorowski ist klarer Favorit bei der Abstimmung. Die nötige absolute Mehrheit wird er wohl nicht erreichen – und in die Stichwahl gehen müssen.
WARSCHAU afp | Die Polen haben am Sonntag einen neuen Präsidenten gewählt. Als klarer Favorit galt Amtsinhaber Bronislaw Komorowski, der für die seit acht Jahren regierende liberale Bürgerplattform (PO) ins Rennen ging. Vermutlich wird der 62-jährige Historiker die erforderliche absolute Mehrheit aber nicht im ersten Wahlgang erreichen, sondern sich am 24. Mai einer Stichwahl gegen den rechtskonservativen Kandidaten Andrzej Duda stellen müssen.
Komorowskis Zustimmungswerte waren zuletzt auf unter 40 Prozent gesunken – vor einigen Monaten hatten sie noch bei mehr als 50 Prozent gelegen. Im Wahlkampf hatte der frühere Verteidigungsminister und Parlamentspräsident, der 2010 nach dem Tod des damaligen Präsidenten Lech Kaczynski bei einem Flugzeugabsturz die Wahl gegen dessen Zwillingsbruder Jaroslaw gewonnen hatte, vor allem die Ukraine-Krise und die aus Sicht vieler Polen wachsende Bedrohung durch Russland thematisiert. Seine zehn Gegenkandidaten hatten dagegen soziale Themen stärker in den Mittelpunkt gestellt.
Duda, der Kandidat der rechtskonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und Komorowskis schärfster Konkurrent, versprach den Wählern Steuersenkungen und ein niedrigeres Rentenalter – auch wenn die Sozialpolitik nicht zum Kompetenzbereich des polnischen Präsidenten gehört, der neben repräsentativen Aufgaben nur in der Außen- und Verteidigungspolitik ein Mitspracherecht hat und ein Veto gegen Gesetzesvorhaben einlegen kann.
Mit scharfer Kritik an künstlicher Befruchtung und der EU-Konvention zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt sicherte sich Duda zudem die Unterstützung konservativer Katholiken. Auch die Gewerkschaft Solidarnosc hat sich hinter den 42-jährigen Juristen gestellt. In den Umfragen kam der PiS-Kandidat trotzdem nicht über 30 Prozent.
Gegen Rockstar, Transsexuelle und eine Schönheit
Der 51-jährige Rockstar Pawel Kukiz lag mit bis zu 15 Prozent der Stimmen in den Umfragen auf dem dritten Platz. Er konnte vor allem mit den Stimmen junger und frustrierter Wähler rechnen.
Unter den restlichen Kandidaten, die in den Umfragen alle unter fünf Prozent lagen, waren die transsexuelle Abgeordnete Anna Grodzka und die parteilose Historikerin Magdalena Ogorek, die für die polnischen Sozialdemokraten ins Rennen ging. Die 36-Jährige hat bisher keine Erfahrung in der Politik. Kritiker warfen ihr vor, vor allem mit ihrem guten Aussehen punkten zu wollen. Außerdem traten noch mehrere Rechtspopulisten und EU-Kritiker an, denen aber ebenfalls nur Außenseiterchancen eingeräumt wurden.
Komorowski rief seine Landsleute am Sonntag noch einmal auf, zur Wahl zu gehen. Die Abstimmung sei ein "Fest der Demokratie", sagte er, nachdem er in einem Wahllokal in Warschau seine Stimme abgegeben hatte.
Die Wahl des polnischen Staatsoberhaupts gilt auch als Stimmungstest für die Parlamentswahl im Herbst, bei der die PiS von Jaroslaw Kaczynski die PO herausfordert. Umfragen zufolge liegt die PO dabei nur knapp in Führung.
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