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Präsidentschaftswahl in IndonesienUmstrittener Kandidat liegt vorn

Mit aller Voraussicht wird Verteidigungsminister Prabowo Subianto neuer Präsident in Indonesien. Er wird mit Folter in Verbindung gebracht.

Präsidentschaftskandidat Prabowo Subianto bei der Stimmabgabe am 14. Februar Foto: Vincent Thian/ap

Jakarta taz | Indonesien hat seinem scheidenden Präsidenten Joko „Jokowi“ Widodo am Mittwoch einen Wunsch erfüllt. Verteidigungsminister Prabowo Subianto wurde zu seinem Nachfolger gewählt – laut inoffiziellem Nachwahlergebnis, das als recht akkurat gilt, sogar mit 58 Prozent gleich im ersten Wahlgang.

Prabowos Sieg ist Jokowi wichtig, weil dessen jetzt ebenfalls gewählter Stellvertreter sein ältester Sohn Gibran Rakabuming Raka ist. Über den erhofft sich Jokowi Einfluss auf die künftige Regierung. Sollte der nicht gesund wirkende Ex-General Prabowo (72) sogar im Amt sterben, würde Jokowis jetzt erst 36-jähriger Sohn Präsident werden.

Der sich am Mittwoch klar abzeichnende Sieg Prabowos gleich in der ersten Runde erspart dem Land nicht nur eine teure Stichwahl. Auch dürfte der Sieger Jokowis Politik nahtlos fortsetzen. Das gilt etwa für die geplante neue Hauptstadt Nusantara in Borneo, die Jakarta ablösen soll. Jokowis Lieblingsprojekt fehlen Investoren. Prabowos Sieg ist jetzt das Signal, dass es mit dem Milliardenprojekt auf jeden Fall weitergeht. Prabowo und sein Bruder verfügen dort über große Ländereien.

Prabowo und sein Sohn Gibran feierten am Mittwochabend in der Hauptstadt Jakarta in einer Sporthalle vor tausenden Anhängern zu indonesischem Dangdut-Ethnopop und Sprechchören ihren Sieg. Prabowo deutete dabei aber nur wenige seiner kultigen Tanzschritte an.

Enttäuschend verlief die Wahl hingegen für die beiden anderen Kandidaten, die Ex-Gouverneure Anies Baswedung und Ganjar Pranowo. Zwar konnte sich Anies mit 26 Prozent gegenüber den Umfragen sogar leicht verbessern. Aber Ganjar, Hoffnungsträger progressiver Kräfte, wurde mit unter 17 Prozent abgeschlagen nur Dritter.

Dabei ist Ganjar ein Parteifreund des beliebten Jokowi. Doch der Präsident unterstützte ihn als Kandidaten ihrer Demokratischen Partei des Kampfes (PDI-P) nicht. So litt Ganjars Kampagne darunter, dass auch er eigentlich Jokowis Politik fortsetzen wollte, sich dann aber doch irgendwie von ihm abgrenzen musste, nachdem der ihn fallen gelassen hatte. „Wir hoffen jetzt, Hinweise auf Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug zu finden“, sagte ein Sprecher Ganjars laut der Nachrichtenwebseite Tempo.

„Solche Mauscheleien mache ich nicht mit“

Anies hatte es mit seiner klaren Oppositionshaltung gegenüber Jokowi einfacher. Nicht alle früheren Prabowo-Wähler waren damit einverstanden, wie Gibran von Jokowi plötzlich zum Vizepräsidentschaftskandidaten gekürt wurde. „Ich fühle mich von Prabowo betrogen, dass er so ein Manöver mitmacht“, sagte der Rentner Wahjudi Kresna in einem Wahllokal in Jakarta zur taz.

„Solche Mauscheleien mache ich nicht mit.“ Die Reisebüro-Mitarbeiterin Farhana, die nur einen Namen hat und früher auch für Jokowi gestimmt hatte, sagte: „Ich mag Gibran nicht, der ist mit 36 einfach noch zu jung.“ Deshalb habe sie jetzt für Anies gestimmt.

Weil in der Nacht schwere Gewitter über Jakarta zogen, kamen viele Wähler und Wählerinnen erst später am Morgen in die Wahllokale, die pünktlich um 13 Uhr bereits wieder schlossen. Im Stadtteil Kebon Kacang standen gleich acht Wahllokale im Abstand von 50 Metern hintereinander in einer abgesperrten Gasse. Auf Tafeln waren zur Orientierung die handtuchgroßen Wahlzettel ausgehängt. Die halbhohen Wahlkabinen waren Pappe.

Nach dem Wählen mit einem Nagel wurde pro Person ein Finger mit wasserfester Tinte markiert, um Mehrfachwahlen zu verhindern. Bei der Auszählung später wurden die Wahlzettel mit dem Nagelloch einzeln gegen das Licht gehalten, um die abgegebene Stimme klar erkennen zu können.

Dieser Artikel wurde aktualisiert um 17.18 Uhr.

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