Präsidentschaftsvotum in den USA: Hillary hat schon gewählt
Das erste Dorf, das gewählt hat, konnte sie für sich gewinnen, jetzt war Clinton selbst wählen. US-Banken bereiten sich derweil auf alle Eventualitäten vor.
Chappaqua/New York/Hongkong AFP/rtr | Die Kandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, hat am Dienstag bei der Präsidentschaftswahl in den USA ihre Stimme abgegeben. Die ehemalige Außenministerin besuchte gegen 08.00 Uhr morgens, Ortszeit, in der Nähe ihres Wohnortes in Chappaqua im US-Bundesstaat New York das Wahllokal in einer Schule.
In New York und in mehreren weiteren Bundesstaaten an der Ostküste der Vereinigten Staaten hatten am Morgen die ersten Wahllokale geöffnet. Die letzten Umfragen deuteten auf ein enges Rennen zwischen Clinton und dem rechtspopulistischen Immobilienmilliardär Donald Trump hin, der für die Republikanische Partei im Rennen ist.
An der Ostküste und in einigen anderen Staaten schließen die Wahllokale ab 01.00 Uhr in der Nacht am Mittwoch (MEZ), danach sind die ersten Prognosen und Auszählungsergebnisse zu erwarten.
Da sich die Abstimmung wegen der Zeitunterschiede innerhalb der USA bis in die frühen europäischen Morgenstunden hinzieht, kann es bei einem knappen Rennen entsprechend lange dauern, bis der Nachfolger von Präsident Barack Obama feststeht.
Die großen US-Banken versuchen währenddessen, sich so gut wie möglich auf beide möglichen Wahlsieger vorzubereiten. Die letzten Umfragen sahen zwar Hillary Clinton knapp vorne. Aber auch ein Sieg ihres Rivalen Donald Trump ist nicht ausgeschlossen. Er gilt wegen seiner Unberechenbarkeit als „Börsenschreck“. Händler gehen davon aus, dass es am Mittwoch an den US-Aktienmärkten zu Kursausschlägen von zwei Prozent nach oben oder unten kommen könnte. Im Falle eines Siegs von Trump halten die Experten von Citigroup sogar einen Kurssturz des S&P-500 von drei bis fünf Prozent für möglich. Nach Einschätzung des Brokerhauses Nomura bringt die US-Wahl so viel Unsicherheit für die Märkte mit sich, wie es sie seit der Finanzkrise nicht mehr gegeben hat.
Der Schock nach dem überraschenden Brexit-Votum im Juni sitzt an den Börsen noch tief: Am Tag nach der Abstimmung war das US-Börsenbarometer S&P-500 um 3,6 Prozent eingebrochen, die Volatilität war hoch, viele Anleger wurden auf dem falschen Fuß erwischt, es herrschte große Unruhe in den Handelsräumen der Investmentbanken. Das soll nun im Zuge der US-Präsidentenwahl nicht noch einmal passieren, zumindest wenn es nach den großen amerikanischen Geldhäusern geht. JP Morgan, Goldman Sachs und Co bereiten sich seit Tagen akribisch auf mögliche Finanzmarktturbulenzen vor, während etwa die Deutsche Bank nach außen große Gelassenheit demonstriert.
Russland offen, Deutschland verängstigt
Angst gibt es hingegen in der deutschen Bevölkerung – aber eher wegen des extrem ruppige Wahlkampfes in den USA. 54 Prozent äußerten sich entsprechend in einer INSA-Umfrage für die Bild. Nur gut jeder Vierte war demnach anderer Ansicht. Lediglich 20 Prozent halten das amerikanische Wahlsystem für demokratisch, mehr als doppelt so viele (43 Prozent) stimmten dem nicht zu, wie es heißt.
Mit Skepsis begegnen die Deutschen mehrheitlich auch der Rolle der Amerikaner als Weltpolizist. 60 Prozent meinen, die Amerikaner sollten weltweit weniger von ihrer Führungsrolle Gebrauch machen. Trotzdem sind die Deutschen der Umfrage zufolge nach wie vor pro-amerikanisch eingestellt. Für eine deutliche Mehrheit (53 Prozent) seien die USA ein wichtiger Verbündeter, unabhängig davon, wer der nächste Präsident ist.
Indes schließt Russland einen Neustart des zerrütteten Verhältnisses zu den USA nach der Präsidentschaftswahl nicht aus. „Wir werden bereit sein, uns für die Entwicklung und Wiederherstellung der Beziehungen so weit zu bewegen, wie es unsere amerikanischen Partner bereit sein werden“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag in Moskau. Präsident Wladimir Putin habe mehrfach bekräftigt, dass er am Kontakt zu Washington interessiert sei. Einen Kommentar Putins zur US-Wahl werde es erst nach Bekanntgabe der Ergebnisse geben, kündigte Peskow an.
Zugleich kritisierte das russische Außenministerium Vorfälle in den USA unter anderem in Houston, bei denen russischen Diplomaten die Beobachtung in Wahlbüros verwehrt worden sei. Vizeaußenminister Sergej Rjabkow verurteilte dies der Agentur Ria Nowosti zufolge als nicht hinnehmbar. Das Ministerium übergab der US-Botschaft in Moskau eine Protestnote und kündigte an, US-Diplomaten bei kommenden Wahlen in Russland ebenfalls den Zugang zu verweigern.
Clinton mit Lady Gaga und Bon Jovi, Trump ohne Stars
Die beiden Präsidentschaftskandidaten sind kurz nach Mitternacht des Wahltages zum letzten Mal im Wahlkampf aufgetreten. Die Demokratin Hillary Clinton trat in der Nacht zum Dienstag zusammen mit Lady Gaga und Jon Bon Jovi in Raleigh, North Carolina, vor ein begeistertes Publikum. Ihr republikanischer Kontrahent Donald Trump schloss den Wahlkampf mit Auftritten in fünf wichtigen Staaten ab – der letzte Auftritt war in Grand Rapids, Michigan.
Clinton sagte ihren Anhängern, ihre Kinder und Enkel könnten sie später fragen, was sie 2016 getan hätten, „als alles auf dem Spiel stand“. Die Antwort laute dann: „Ihr habt für ein stärkeres, faireres, besseres Amerika gestimmt – ein Amerika, wo wir Brücken bauen, nicht Mauern.“
„Heute ist unser Unabhängigkeitstag“, sagte Trump in Anspielung auf einen Spruch aus dem Hollywood-Film „Independence Day“ von 1996. „Wir beenden endlich das Kapitel der Geschichtsbücher über die Clintons, ihre Leben, ihre Machenschaften, ihre Korruption.“
Erste Ergebnisse in kleinen Dörfern
Mittlerweile sind bereits die ersten Entscheidungen der Präsidentenwahl gefallen: Die Demokratin Hillary Clinton hat die Abstimmung in Dixville Notch mit vier zu zwei Stimmen gegen Donald Trump gewonnen. Insgesamt setzte sich der Republikaner jedoch in drei Örtchen im US-Bundesstaat New Hampshire, in denen am Wahltag bereits um Mitternacht abgestimmt wurde, mit 32 zu 25 Stimmen durch.
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Das Wahllokal von Dixville Notch öffnet seit 1960 am Wahltag bereits um Mitternacht. Da es in dem Skiort nahe der kanadischen Grenze weniger als ein Dutzend registrierte Wähler gibt, sind Stimmabgabe und –auszählung schnell abgewickelt. Berichten zufolge waren dort in der Nacht zum Dienstag deutlich mehr Journalisten als Wähler.
Insgesamt wurden in Dixville Notch acht Stimmen abgegeben. Neben den vier für Clinton und zwei für Trump erhielt auch der Kandidat der libertären Partei, Gary Johnson, eine, wie auf einer handgeschriebenen Tafel zu sehen war. Eine weitere Stimme ging an den republikanischen Herausforderer von 2012, Mitt Romney, der diesmal gar nicht kandidiert hatte.
Im nahegelegenen Millsfield gewann hingegen Trump mit 16 Stimmen gegen nur 4 für Clinton. Ein Wähler votierte hier für Bernie Sanders, den Herausforderer Clintons bei den parteiinternen Vorwahlen. Zwei Stimmen bekam Sanders in dem Ort Hart's Location, und Johnson gleich drei. Clinton gewann dort mit 17 Stimmen, Trump bekam 14.
Nach dem Mehrheitswahlrecht der USA bekommt in 48 der 50 Bundesstaaten der Kandidat, der die meisten Stimmen erhält, auch alle Wahlmänner des jeweiligen Staates.
Wähler können auf ihren Wahlzetteln auch Namen von „Write-In“-Kandidaten eintragen, die eigentlich gar nicht zur Wahl stehen.