Präsidentenwahl in Taiwan: China-Kritiker gewinnt die Wahl
William Lai hat sich seinen Erfolg schwer erarbeitet. Der 64-Jährige, der als Konservativer gilt, ist für Peking eine Provokation.
Wegen dieser Worte bezichtigen die Kommunistische Partei in China und die eher chinafreundliche Kuomintang in Taiwan Lai bis heute als Aufwiegler und Gefahr für den Frieden. Im Wahlkampf schlug Lai sanftere Töne an; er habe nicht vor, formell Taiwans Unabhängigkeit auszurufen. Dennoch steht der 64-Jährige mit seiner Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) für mehr Selbstbestimmung gegenüber China.
Seinen Erfolg hat sich Lai hart erkämpft. Sein Vater war Bergarbeiter und starb bei einem Grubenunglück. Die Mutter zog ihn mit fünf anderen Kindern alleine groß. In der Schulzeit verließ Lai sein Heimatdorf an der Nordostküste Taiwans und zog in ein Internat nach Taipeh.
Er studierte Medizin, wurde Abgeordneter, Bürgermeister der Großstadt Tainan, Premier, DPP-Chef. Er verkörpert das taiwanische Ideal von Aufstieg durch Bildung und harte Arbeit. Auf dem Weg zur Präsidentschaft musste Lai gegen die allgemeine Frustration über mäßige wirtschaftliche Aussichten und die zermürbende Bedrohung durch China ankämpfen. In sozialen Fragen gilt Lai eher als Konservativer. Besonders bei jungen Menschen, die sich nach acht Jahren mit der DPP an der Macht neue Perspektiven erhofften, kam er nicht gut an. Doch für viele war er trotz allem die beste Option.
Kontinuität in der Außenpolitik
Außenpolitisch will Lai den Kurs Tsai Ing-wens fortsetzen. Im Verhältnis zur EU, zu den USA und anderen Partnern steht er also für Kontinuität. An seiner Seite hat er hierfür auch die außenpolitisch erfahrene künftige Vizepräsidentin Hsiao Bi-khim, die ehemalige Leiterin von Taiwans Repräsentanz in den USA.
Doch im taiwanischen Parlament hat Lais DPP ihre Mehrheit verloren und wird stete Kämpfe mit der Opposition führen müssen. Bei seiner Siegesansprache versprach Lai, das Land politisch zu einen. Doch nur wenn ihm das auch in schwierigen Fragen gelingt, hat er eine Chance, Taiwan durch die Gefahren der kommenden Jahre zu manövrieren.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!