Präsidentenwahl im Senegal: Sall bringt den „Alten“ zu Fall
Macky Sall wird der nächste Präsident des Senegals. Der 85-jährige Präsident Wade räumt nach Monaten der Straßenproteste seine Niederlage ein.
BERLIN taz | Senegal bekommt einen neuen Präsidenten. Macky Sall, Anführer der Opposition gegen Staatschef Abdoulaye Wade, hat die Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag gewonnen. Noch bevor am Abend des Wahltags genaue Zahlen vorlagen, rief der Amtsinhaber seinen Herausforderer an und erkannte seine Niederlage an. „Glückwunsch, Herr Präsident“, sagte der 85-jährige Wade zu dem 50-jährigen Sall. „Nach meinen Informationen haben Sie gewonnen. Ich gratuliere.“
Wahlsieger Sall trat gegen Mitternacht im Radisson-Hotel der Hauptstadt Dakar vor jubelnde Anhänger und erklärte: „Das Ausmaß dieses Sieges entspricht den immensen Erwartungen der Bevölkerung.“ Für Senegal „beginnt eine neue Ära“, so Sall. Ein amtliches Ergebnis wurde für Montagabend erwartet.
Ähnlich euphorisch war die Stimmung im Jahr 2000 gewesen, als Wade mit seiner Wahl vierzig Jahren Herrschaft der Sozialisten ein Ende setzte. Die von Wade verbreitete Aufbruchstimmung schlug im Laufe der Jahre allerdings ins Gegenteil um, da sich der Präsident zwar mit pharaonischen Großbauprojekten verewigte, aber wenig für die breite Bevölkerung tat.
Einer seiner Mitstreiter nach dem anderen ging in die Opposition. Darunter auch Macky Sall, der ab 2001 unter Wade Bergbauminister war, dann Innenminister, Premierminister und schließlich Parlamentspräsident, bevor er 2008 in Ungnade fiel.
Präsident vergisst Wahlzettel
Mit seiner Allianz für die Republik (APR) kam Sall beim ersten Durchgang der Wahl am 26. Februar auf 26,6 Prozent, hinter Wade mit 34,8 Prozent. Die anderen Gegenkandidaten Wades stellten sich alle hinter Sall und gründeten für die Stichwahl das Wahlbündnis „Bennoo Bokk Yaakaar“ (Sammlung der Kräfte für den Wandel). Damit war Salls Sieg besiegelt, auch wenn Wade es nicht wahrhaben wollte.
Der Staatschef gab sich noch am Wahltag ebenso siegessicher, wie er am Tag des ersten Wahlgangs noch an seine absolute Mehrheit geglaubt hatte. Sogar in seinem eigenen Wahllokal in Dakar lag Wade schließlich aber weit zurück, mit 120 Stimmen gegen 417 für Sall. Der Präsident schaffte es sogar, seinen Wahlzettel in der Wahlkabine zu vergessen, statt ihn in die Urne zu stecken.
Die breite Unzufriedenheit mit Wade gründete sich vor allem darauf, dass er zu einer dritten Amtszeit angetreten war, obwohl die Verfassung nur zwei gewählte Amtszeiten vorsieht. Eine überparteiliche Bewegung hatte monatelang Massenproteste dagegen organisiert, bei denen es immer wieder Todesopfer gab. Sall würdigte in seiner Siegesrede diese „Märtyrer“.
Salls Bündnis hatten sich wenige Tage vor der Stichwahl auch Dakars Straßenhändler angeschlossen. Diese waren den Anti-Wade-Protesten gegenüber zuvor feindlich eingestellt, weil die Protestler gern Marktstände in brennende Barrikaden verwandelt hatten. Nachdem die Händler aber letzte Woche bei Wades Verteilung von Wahlkampfgeschenken leer ausgingen, demonstrierten sie selber gegen den scheidenden Präsidenten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!