: Postwirt geht freiwillig
■ Streibl hat‘s nicht so mit Tandler
München (taz) — Seit den bayerischen Landtagswahlen wird wieder heftig spekuliert, wie das neue CSU-Kabinett aussehen wird. Wer bleibt, wer wird gehen? Bekommt Hardliner Peter Gauweiler wieder einen Karriereschub und wird gar Umweltminister? Schafft's der Oberpfälzer Gustl Lang, sich weiter als Wirtschaftsminister zu behaupten, weil er ein gar so gutes Ergebnis eingefahren hat? Gerätselt wird in diesen Tagen rund ums Maximilianeum viel. Das Ministerkarussell dreht sich, doch nicht mit jedem Gerücht wollen wir unsere verehrte Leserschaft belästigen. Fest steht: Der Altöttinger Postwirt Gerold Tandler verabschiedet sich aus der Politik. Der gelernte Bankkaufmann hat Max Streibl, der heute wieder zum Ministerpräsidenten gewählt wird, mitgeteilt, daß er seinen Job als Finanzminister an den Nagel hängt. Allroundtalent Tandler — vom CSU-Generalsekretär über Innenminister, CSU-Chef der Landtagsfraktion, Wirtschafts- und Finanzminister hat der 55jährige Sudetendeutsche fast alle politischen Stationen durchprobiert — will jetzt endlich ran an den Speck. Er geht in die freie Wirtschaft. Der Mann mit den intelligenten Schulden — ein Untersuchungsausschuß im Landtag beschäftigte sich kurze Zeit mit seinen dubiosen Immobiliengeschäften — wird entweder bei der Versicherungsgesellschaft Allianz oder beim Rüstungskonzern MBB landen, so wird gemunkelt. Daß er rücksichtslos hart durchgreifen kann, hat er ja bereits als Innenminister bewiesen. Tandler war 1981 für die Massenverhaftungen im Nürnberger Jugendzentrum Komm verantwortlich, als die Polizei tagelang fast zweihundert Jugendliche arrestierte, ohne deren Rechtsanwälte zu benachrichtigen. Einst gehörte er zu Straußens Kronprinzenriege; unter Ministerpräsident Streibl, der mehr mit seinem Internatsspezi und Kultusminister Zehetmaier verbandelt ist, gibts für ihn im Moment keine Kronjuwelen. Aber sicher wäscht auch in der Wirtschaft eine weißblaue Hand die andere.
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