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PortraitAchtundsechziger für Deutschland

Ein AfD-Politiker, der sich als 68er bezeichnet – das mag verwirrend wirken. Auf die Frage, ob die gerne auch mal rechts außen verortete Partei „Alternative für Deutschland“ etwas gegen Linke und 68er habe, antwortete ihr Hamburger Fraktionsvorsitzender jetzt im Interview mit der Zeit: „Die AfD hat nichts gegen 68er, ich bin ja selbst einer.“

Dazu passt, dass Kruse gerade den halben Winter im US-Bundesstaat Kalifornien verbracht hat – der Wiege des Hippietums. Dort lebte er von Januar bis März, weil seine Frau, die Erziehungswissenschaftlerin Carola Groppe , eine Gastprofessur an der Elite-Universität Stanford innehatte. Zu Hause in Hamburg schien den Abgeordneten derweil nicht einmal seine eigene Bürgerschaftsfraktion zu vermissen: Es wäre „schmerzhaft gewesen, wenn ein Leistungsträger der Fraktion weg wäre“, sagte etwa Kruses Stellvertreter Bernd Baumann der taz – so aber gebe es „kein Problem“. Also ließ sich Kruse seine Abgeordneten-Diät von 8.000 Euro monatlich nach Kalifornien überweisen und kam zu zwei Sitzungen des Parlaments eingeflogen.

Was stimmt an seiner eingangs zitierten Aussage: 1968 war auch das Jahr, in dem der heute 67-jährige seine Parteikarriere begann – damals aber bei der SPD. Deren zahlendes Mitglied war Kruse bis 1993, in die AfD trat er 2013 ein. In der Partei ist der emeritierte Ökonom, der zuletzt Wirtschaftspolitik an der Hamburger Bundeswehr-Uni lehrte, ein Außenseiter. Mit seinem 68er-Bekenntnis widersprach er AfD-Bundesvize Jörg Meuthen, der jüngst vom „links-rot-grün verseuchten 68er-Deutschland“ gesprochen hatte. Außerdem bezeichnete Kruse Teile des Parteiprogramms als „kompletten Schwachsinn“. Daraufhin forderte der bayrische AfD-Vorstand vergangene Woche seinen Rücktritt als Fraktionschef. Das Amt als AfD-Landeschef in Hamburg hatte Kruse bereits im Juli niedergelegt.

Der gebürtige Eutiner, der sich im Zeit-Interview unwidersprochen als „liberales Aushängeschild einer rechtspopulistischen Partei“ bezeichnen ließ, will den Rechtspopulisten aber nicht das Feld überlassen. Deshalb fechte er den Machtkampf jetzt auch öffentlich aus, sagte er. Und fügte an: „Für mich ist das auch ein bisschen Psychohygiene.“ ksch

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