Portrait: Der Serientäter
Gerd Koch kann es nicht lassen. Mehrfach schon wurde er verurteilt, etwawegen Volksverhetzung. Nun hat die Staatsanwaltschaft Aurich ihn erneut angeklagt. Koch ist nicht irgendwer, sondern Fraktionsvorsitzender der Allgemeinen Wählergemeinschaft (AWG). Er sitzt im Kreistag und im Stadtrat in Leer. Bei der aktuellen Anklage geht es um fünf Taten, durch die sich Koch auf der Homepage der AWG strafbar gemacht haben soll. Flüchtlinge etwa hatte er als „Balkanzigeuner“ bezeichnet – und seine Leser aufgefordert, ihre Wohnungen vor ihnen zu sichern.
Das er etwas falsch gemacht haben könnte, sieht Koch nicht ein. Hinter den Ermittlungen vermutet er stattdessen einen „Rachefeldzug“ eines früheren Kontrahenten bei der Bürgermeisterwahl in Leer. Der kam von den Grünen und mit denen kann Koch so gar nichts anfangen.
Das soll nicht überraschen: Homosexuelle etwa bezeichnet er schon mal als „eklig“, oder sagte, Behinderte sollten sich selbst der Endlösung zuführen. Auch der Holocaust interessieren ihn „nicht die Bohne“, schrieb er 2015.
Ein Hardcore-Rechter? Koch selbst sieht sich politisch „mal hier, mal da“. Anfang der Siebziger sei er knapp drei Jahre lang Vorsitzender der Jungen Union (CDU) gewesen, aber „auch mal links“. Was er damit meint? Er reise gerne mit dem Rucksack durch den Balkan, erklärte er der taz, um dann auszuführen: „Zigeuner haben kein Bleiberecht.“
In Münster hat Koch Jura studiert und wurde Rechtsanwalt – er könnte also wissen, was er tut. Auch ansonsten scheint er zumindest in Ostfriesland mit seinen Parolen kein einsamer Marktschreier zu sein: Seit er 1991 die Allgemeinen Wählergemeinschaft (AWG) gegründete, hat er es immer wieder in den Kreistag geschafft – und Pegida um 25 Jahre vorweggenommen. „Man muss die Schwachen vor den Faulen schützen“, das sei sein Motto, sagt Koch. Mit Ersterem seien vor allem Frauen, mit Letzterem die Sozialstaatsschmarotzer gemeint. Er kann immer so weiter machen.
Bezüglich der neuesten Anklage hat das Amtsgericht Leer ihn nun um eine Stellungnahme gebeten. Anschließend werde entschieden, ob das Verfahren eröffnet wird.
Anna Gröhn
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