Portrait Martin Korol: Ein Bremer Sarrazin
Der SPD-Mann Martin Korol ist ein Rechtsausleger. Für ihn leben Sinti und Roma sozial und intellektuell im Mittelalter. Sie kämen nach Deutschland, um sich satt zu essen.
Es ist nicht so, dass in Bremen bislang verborgen blieb, wie SPD-Mann Martin Korol so denkt. Dass er, seit langem Genosse, Gewerkschafter, eher ein Rechtsausleger ist. Es war ja seit zwei Jahren auf seiner Website zu lesen. Aber nun sitzt der 68-Jährige eben als Nachrücker im Landtag, für die rot-grüne Regierungskoalition. Nur seine Homepage ist mittlerweile vom Netz.
Dort war nachzulesen, was Katholik Korol von Sinti und Roma hielt: „Sozial und intellektuell“ leben die „im Mittelalter“, schrieb der pensionierte Deutsch- und Geschichtslehrer, in einer „uralten patriarchalischen Gesellschaft“, in der Männer „keine Hemmungen“ hätten, „die Kinder zum Anschaffen zu schicken“, „ihren Frauen die Zähne auszuschlagen“. „Viele“ von ihnen „schmelzen sich mit Klebstoffdünsten das Gehirn weg“. Die Roma kämen eh „nicht aus politischen Gründen“ – trotz der Pogrome in Rumänien –, sondern um sich „satt essen zu können“.
Die eigene Partei reagierte entsetzt, die Sinti und Roma auch, der SPD-Landeschef distanzierte sich umgehend. Von Rücktritt ist bislang nicht die Rede, von Fraktionsausschluss auch nicht. Dafür ist Korol am Freitag beim Fraktionsvorstand vorgeladen, am Montag muss er sich den übrigen SPD-Parlamentariern erklären.
„Mir ist an einer sachlichen Diskussion gelegen“, sagt Korol nun und dass er seine Publikationen daraufhin überprüfen wolle, ob sie in Inhalt und Form zu seinem neuen Amt passten. Von seiner Forderung, Abgeordneter dürfe nur werden, wer einen deutschen Schulabschluss hat, nahm er schon Abstand. Er findet das jetzt „idiotisch“. Frauen und Immigranten „übernehmen nun zunehmend die Macht im Lande“, schrieb er an anderer Stelle. Seine Familie floh 1945 aus der Niederlausitz, er selbst war mal Lehrer in Estland, wo er Dritter der Tanzmeisterschaften wurde, wie in seiner Promotion steht.
Manchen seiner Lehrerkollegen ist er früher als „Wichtigtuer“ aufgefallen, sein Doktorvater Immanuel Geiss würdigte ihn als „einst 68er“. Bei Geiss promovierte der Leutnant der Reserve über den Dadaismus – in dessen Tradition er sich irgendwie sieht. Andere sehen Martin Korol eher in jener Thilo Sarrazins.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart