piwik no script img

PorträtBasketball als Sprache

Leicht war es anfangs nicht, damals, vor mehr als zwei Jahrzehnten. Mladen Drijenčić kam 1995 im Alter von 29 Jahren als Kriegsflüchtling aus Bosnien nach Deutschland. Ein Garantiebrief seines Onkels, der schon in Krefeld lebte, hatte dies möglich gemacht. Drijenčić konnte nur ein paar Brocken Deutsch. Gespräche mit Menschen in seiner neuen Heimat, dem Rheinland, waren unglaublich mühsam. Die Integration gelang Drijenčić über eine andere „Sprache“: dem Sport – seinem geliebten Basketball.

Der BBC Krefeld bot dem Maschinenbautechniker an, zu spielen und auch zu trainieren. Beim Nachfolgeverein SC Bayer 05 Uerdingen betreute Drijenčić Jugendteams und die erste Herrenmannschaft, die er zum Aufstieg in die 1. Regionalliga führte. „Die Jungs haben mich durch meine Qualitäten im Basketball respektiert, als Spieler und Mensch. Meine Integration und die meiner Familie hat durch die Teamkameradschaft stattgefunden. Die Leute haben uns in Biergärten und zu Partys eingeladen. Und wir haben geredet, auch über die politische Situation“ sagte Drijenčić dem Online-Portal „spox.com“.

Rund 22 Jahre nach seinem Start in Krefeld hätte sich Drijenčić beinahe ein Denkmal im deutschen Basketball gesetzt, den Titel der deutschen Meisterschaft. Mit seinem Team, den Baskets Oldenburg, hatte er es vom fünften Platz der Abschlusstabelle aus durch Siege in den Play-off-Duellen mit Bayreuth (3:1) und dem Hauptrundenersten Ulm (3:2) bis in die Finalserie geschafft. Dort jedoch erwies sich Titelverteidiger Bamberg als zu stark für die Niedersachsen, denen der Kräfteverschleiß anzumerken war. Bamberg setzte sich klar mit 3:0 Siegen durch.

Bei den Baskets Oldenburg, dem Champion von 2009, wurde die Vizemeisterschaft dennoch gefeiert. Oberbürgermeister Jürgen Kroogmann empfing die Mannschaft im Rathaus. Drijenčić war mit dem Ausgang der Finalserie völlig im Reinen. „Bamberg hat dieses Spiel und die Meisterschaft verdient gewonnen“, sagte er. „Ich bin sehr stolz auf das, was wir erreicht haben. Vor acht Wochen hätte niemand darauf getippt, dass Oldenburg die Endspielserie erreicht. Wir haben das aber trotzdem noch geschafft.“

Der 51-Jährige geht mit einer schönen Leichtigkeit durchs Leben. „Ich bin einer, der es mag, Scherze zu machen. Es ist immer ein Lächeln auf meinem Gesicht“, sagte Drijenčić. Wenn aber die Arbeit beginne, dann müsse man auch zu 100 Prozent da sein. Für den Coach beginnt sie schon jetzt wieder, so kurz nach dem Ende der Saison. Einige Spieler haben den Verein verlassen, das Team steht vor einem Umbruch – und Mladen Drijenčić vor einer neuen Herausforderung. GÖR

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen