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PorträtMitten im Denkprozess

Will lieber nichts mehr über Trump sagen: Marcel Schäfer Foto: dpa

Ist das Ganze einfach nur dumm gelaufen? Eigentlich ist auf Marcel Schäfer immer Verlass. Als Spieler, als Vorbild und als Typ. Was dieser Fußballprofi zu sagen hat, ist meist ganz weg vom üblichen Blabla des bezahlten Sports und hat durchaus Substanz. Dass sich der Linksfuß jetzt kritisch über den Rechtsruck in den USA geäußert hat, ließ kurz aufhorchen und klang erst einmal gut. Aber an großen Schlagzeilen zu solch einem Thema zeigen weder Schäfer noch sein Verein ein gesteigertes Interesse. Es klingt vielleicht übertrieben ängstlich. Doch Anfang Januar bricht der VfL Wolfsburg mit Schäfer und Co. in sein Wintertrainingslager nach Florida auf. Entsprechend vorsichtig möchten sich alle Beteiligten zum Ausgang der US-Wahl und dem Sieg von Donald Trump äußern.

Dass Schäfer überhaupt dazu befragt worden ist, was er über Trump denkt, liegt an seinem großen Traum. Der 32-Jährige betont immer wieder, dass er seine Karriere in der Major League Soccer in den USA ausklingen lassen und mit seiner Familie dort für gewisse Zeit leben möchte. Ob daraus wirklich noch etwas wird, erscheint derzeit unklar. „Der Ausgang der Wahl hat bei mir einen Denkprozess gestartet“, hat Schäfer der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung gesagt. „Wenn ich mir den Wahlkampf angucke, ist da viel passiert, was mit meinen Werten nicht vereinbar ist.“ Klingt nach klarer Kante und Kritik.Inzwischen ist deutlich herauszuhören, dass Schäfer es bereut, sich überhaupt in dieser Form politisch positioniert zu haben.

Warum eigentlich wägen selbst die klügeren Köpfe in der Fußball-Bundesliga so sorgfältig ab, was sie sagen? Schäfer ist meist Reservist,trotzdem noch Publikumsliebling und ein Mann von Format. Ihm könnte fast egal sein, wie seine Worte bei wem ankommen. Aber es gibt eben auch noch diese Option, dass Schäfer dem VfL Wolfsburg nach seinem Karriereende in exponierter Position erhalten bleibt. Er wäre für den Verein abseits des Rasens ein Repräsentant erster Güte. Es steht aber auch zu befürchten, dass man dann mehr seichte als kritische Worte von ihm erwartet.

Dem VfL Wolfsburg sind mit Blick auf seinen Hauptsponsor Volkswagen, dessen Image in den USA unter der Abgasaffäre arg gelitten hat, öffentliche Debatten rund um Trump sowie dessen Ansichten nicht zu empfehlen. Schäfer wird das gemerkt haben.

Zumindest das Exit-Szenario aus seinem Trump-Dilemma ist gut gewählt: Dass Schäfer zur US-Wahl erst gesprochen hat und jetzt lieber schweigt, begründet er auch mit der sportlichen Misere: Der VfL schwebt nämlich nach dem 0:1 gegen Schalke 04 am Samstag wieder in Abstiegsgefahr und hat also andere Sorgen. Christian Otto

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