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Porträt des ägyptischen VizepräsidentenDer Mann für die schweren Jobs

Omar Suleiman steht seit vielen Jahren loyal zu Mubarak, zuletzt als Geheimdienstchef. Als Vermittler im Nahost-Konflikt hat er sich internationalen Respekt erarbeitet.

Gewiefter Vermittler: Omar Suleiman. Bild: dpa

Als Husni Mubarak 1981 den Präsidententhron des ermordeten Anwar as-Sadat übernahm, war Omar Suleiman ein General in der ägyptischen Armee. 1954, im Alter von 19 Jahren, war der aus armen Verhältnissen stammende Suleiman an der Militärakademie in Kairo aufgenommen worden und hatte an den Kriegen von 1967 und 1973 gegen Israel teilgenommen.

In engeren Kontakt mit Mubarak kam er erst, als er 1981 stellvertretender Leiter des militärischen Geheimdienstes wurde. Seither dient er Mubarak in unverbrüchlicher Loyalität, was ihm dieser 1993 dankte, als er ihn zum Chef des allgemeinen Geheimdienstes erhob.

Suleimans Treue manifestierte sich in den achtziger und neunziger Jahren in erster Linie im Kampf gegen islamistische Gruppen, die mit Terroranschlägen das Regime ernsthaft bedrohten. 1995 griffen sie die Limousine Mubaraks bei dessen Besuch in Äthiopien sogar frontal mit Gewehren an. Mubarak überlebte nur, weil sein Geheimdienstchef am Vortag eine gepanzerte Limousine hatte einfliegen lassen. Seither hat Suleiman jederzeit direkten Zugang zum ägyptischen Präsidenten.

Der studierte Politologe, der bei seinen Auftritten stets etwas steif und hölzern wirkt, war aber keineswegs nur ein finsterer Geheimdienstchef, der islamistische Gegner in die Folterkeller werfen ließ, sondern auch ein gefragter und gewiefter Vermittler in kniffligen politischen Sachlagen. In dieser Mission diente er Mubarak für Vermittlungsgespräche mit Israel, aber auch im innerpalästinensischen Machtkampf zwischen al-Fatah und Hamas gab er den diskreten, aber effektiven und vertrauenswürdigen Unterhändler. Die amerikanischen Regierungen zollten ihm ebenso Respekt wie die Syrer oder die Hamas.

Schon vor Jahren, als Mubarak erstmals wegen einer Krebserkrankung behandelt werden musste, wurde Suleiman deshalb als sein Nachfolger gehandelt. Dass er erst jetzt, mitten in der schwersten Krise, zum Stellvertreter Mubaraks ernannt wurde, liegt einfach daran, dass Mubarak bis zuletzt darauf gehofft haben mag, seinen Sohn Gamal als seinen dynastischen Nachfolger inthronisieren zu können.

Diese Option hat sich mit der Ernennung Suleimans definitiv erübrigt. Ähnlich gewiss dürfte freilich sein, dass auch die Karriere Suleimans mit dem Fall des Mubarak-Regimes einem abrupten Ende entgegengeht. Daran dürften nicht einmal die ihm zuteil gewordenen Sympathien im Ausland etwas ändern können.

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2 Kommentare

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  • LH
    Lutz Huth

    Zu Person Omar Suleiman

     

    Omar Suleiman ist eine der Personen, die derzeit als mögliche Alternative für die Nachfolge des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak ins Spiel gebracht werden. Nachdem Mubarak am 28. Januar sein Kabinett entlassen hatte, ernannte er Suleiman zum Vizepräsidenten. Doch wer ist dieser Omar Suleiman?

     

    Viele Beobachter sehen in der Ernennung Suleimans den Versuch, ihn als potentiellen Nachfolger und als Alternative zu Mubaraks Sohn Gamal Mubarak, der bisher sein Erbe antreten sollte, aufzubauen. Suleiman ist in Washington keine unbekannte Größe. Er gilt seit Jahren als wichtigster Verbindungsmann zwischen den Vereinigten Staaten und Mubarak. Aufgrund seiner Loyalität genießt er dort einen guten Ruf. Bei Kritikern ist er jedoch heftig umstritten. So weist die amerikanische Journalistin Jane Mayer, die für The New Yorker schreibt, in ihrem Buch The Dark Side darauf hin, daß Suleiman seit 1993 den gefürchteten ägyptischen allgemeinen Nachrichtendienst leitete. In dieser Funktion war er für die CIA Ansprechpartner für »Überstellungen« – jenes geheime Programm, in dessen Rahmen die CIA Terrorverdächtige überall auf der Welt jagte und sie dann zu oft brutalen Befragungen nach Ägypten und anderswohin brachte.

     

    In einem Artikel für The New Yorker schreibt Jane Mayer: »Stephen Grey schildert in seinem Buch Ghost Plane detailliert, wie Suleiman seit Beginn der 90er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts direkt mit führenden Vertretern der CIA verhandelte. Für jede Überstellung wurde von den höchsten Ebenen der amerikanischen und ägyptischen Dienste grünes Licht gegeben. Der frühere amerikanische Botschafter in Ägypten, Edward S. Walker, beschrieb Suleiman als ›sehr intelligent, sehr realistisch‹ und fügte dann hinzu, er sei sich der Kehrseite ›einiger der negativen Dinge, an denen die Ägypter beteiligt waren, wie Folter usw. bewusst gewesen. Aber er war, nebenbei bemerkt, nicht zimperlich.‹

     

    In formaler Hinsicht muß die CIA nach amerikanischem Recht von Ägypten die ›Zusicherung‹ verlangen, daß überstellte Verdächtige nicht gefoltert würden. Aber solange Suleiman Chef des Geheimdienstes war, wurden solche Zusicherungen als praktisch nichtig angesehen. Der frühere CIA-Offizier Michael Scheuer, der am Aufbau des Überstellungsprogramms mitbeteiligt war, erklärte später vor dem Kongreß, selbst wenn solche ›Zusicherungen‹ mit unauslöschlicher Tinte geschrieben wären, ›waren sie nicht mehr wert als ein Haufen Dreck‹.«

     

    gefunden bei "Kopp" Online

  • A
    Andreas

    Dieser Mann ist heute bereits eine historische Figur in den Fußnoten, außer die Regierung greifft militärisch-repressiv durch. Das wollen die USA momentan nicht, aber andererseits ist ihnen nichts zu teuer, um Ägypten als Freund Israels zu erhalten. Und da könnten die USA dann von ihrer Reformfreude schnell abweichen, denn Ägypten ist seit 30 Jahren eine Hilfsruine der US-Außenpolitik.

    Kaum ein anderes Land erhält soviele Gelder, um diese dann in künstlich-niedrigen Nahrungsmitteln und einer beispiellosen Nepotismusstruktur über die Bürger wieder zu verteilen. Ich kenne kein anderes arabisches Land, dass so konsequent Chancen verspielt und die Bevölkerung auf niedrigstem Niveau behält, wie Ägypten.

    Mubarak ist schon heute nicht mehr der Herrscher dort und wenn er nicht den Befehl Feuer frei geben kann, dann sollte er seine Sachen packen und ausreisen. Im Land selber ist er Geschichte. Aber die Frage ist ja, wie und wer folgt, was wird die neuge Regierung tun können, um diesen Kreislauf aus Perpsektivlosigkeit und Nepotismus zu unterbinden?

    Da bin ich ziemlich skeptisch.

    Schnelle Lösungen und Reformen gibt es einfach nicht. Glasnost und wie lange dauerte es am Ende, bis aus der UdSSR ein anderes Land wurde? Das waren mehr als 20 Jahre und vielleicht dauert die Transformation noch an? Und die UdSSR bestand von 1917 bis 1990 - in Ägypten besteht eine Mentalität und eine Form von Herrschaft seit den altorientalischen Reichen.

    Die Abstinenz von Politik, Debatte und Konflikt hat Tradition in diesem Land. Das ist auch der Grund, warum Mubarak überhaupt so lange auf diese Weise regieren konnte.