Ägyptischer Ministerpräsident unter Druck: Mubarak schiebt Verantwortung ab

Mubarak dringe auf eine Reform des politischen Systems und der Verfassung, erklärte Mubarak. Dafür verantwortlich machte er den neuen Ministerpräsidenten. Der arbeitet aber noch ohne Kabinett.

Alter Diktator zu verkaufen: Schriftzug an einer Wand in Kairo. Bild: dapd

KAIRO afp | Ägyptens angeschlagener Präsident Husni Mubarak hat seinen neuen Regierungschef Ahmed Schafik mit einem politischen Reformkurs beauftragt. In einer im Staatsfernsehen verbreiteten Ansprache stellte Mubarak am Sonntagabend einen "Dialog mit allen Parteien" in Aussicht. Unterdessen bringen immer mehr Länder ihre Bürger vor den Unruhen in Sicherheit, bei denen seit vergangenem Dienstag mindestens 125 Menschen ums Leben gekommen sind.

Mubarak erklärte, er dringe auf "umfassende" Schritte, um das politische System und die Verfassung zu reformieren. Außerdem forderte er Schafik auf, "entschieden" gegen die Korruption zu kämpfen und das Vertrauen in die Wirtschaft wiederherzustellen. Als Reaktion auf die Massenproteste hatte der seit drei Jahrzehnten amtierende Mubarak die gesamte Regierung entlassen und den früheren Luftfahrtminister Schafik am Samstag zum neuen Ministerpräsidenten gemacht. Zum Vizepräsidenten ernannte er den Geheimdienstchef Omar Suleiman. Die neuen Kabinettsmitglieder standen zunächst noch nicht fest.

Der Personalwechsel besänftigte die protestierenden Massen nicht. Auf dem zentralen Tahrir-Platz (Platz der Befreiung) in der Hauptstadt Kairo hielten tausende Demonstranten die Stellung und widersetzten sich der Ausgangssperre, die auf Anordnung der Regierung ab Montag um eine Stunde verlängert wurde.

Am Sonntagabend hatte der Oppositionspolitiker Mohamed ElBaradei unter dem Jubel der Demonstranten auf dem Tahrir-Platz den Ton gegen Mubarak weiter verschärft. Das Land stehe "am Beginn einer neuen Ära", rief ElBaradei der Menge zu. Allerdings breiteten sich in Ägypten nach Tagen des Protests auch Chaos und Anarchie aus, nicht zuletzt wegen des Ausbruchs tausender Häftlinge.

Wegen der Unruhen rät das Auswärtige Amt von Reisen nach Ägypten ab. Dies gelte insbesondere für die größeren Städte Kairo, Alexandria und Suez sowie in die urbanen Zentren im Landesinnern und im Nildelta, heißt es in einem am Sonntagabend aktualisierten Reisehinweis. Der Krisenstab und die Botschaft Kairo stünden im Kontakt mit Reiseveranstaltern und Flugunternehmen und seien bemüht, Deutschen bei der Ausreise behilflich zu sein. Erste Deutsche hätten Kairo bereits verlassen, für Montag werde an weiteren Möglichkeiten einschließlich Transporten zum Flughafen gearbeitet.

Mehrere Länder trafen Vorbereitungen, ihre Staatsbürger auszufliegen. Das US-Außenministerium teilte mit, am Montag mit einer Evakuierungsaktion beginnen zu wollen. Auch Japan und China kündigten an, ihre Bürger mit gecharterter Maschinen außer Landes zu bringen. Die kanadische Regierung rief alle Landsleute auf, Ägypten zu verlassen.

US-Präsident Barack Obama beriet mit mehreren Regierungschefs aus der Region am Telefon über die Lage in Ägypten. Obama sprach mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu sowie mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und dem saudiarabischen König Abdallah, wie das Weiße Haus in Washington am Sonntag mitteilte. Dabei habe Obama zu einem "geordneten Übergang" in Kairo aufgerufen, der auf die "Sehnsucht des ägyptischen Volkes" reagiert. Den Rücktritt Mubaraks, ein wichtiger Verbündeter der USA in der arabischen Welt, forderte Washington bislang nicht.

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