piwik no script img

Porträt Stefanie ButscherHungernde Milchbäuerin

Wegen der fallenden Milchpreise zelten Bäuerinnen vor dem Kanzleramt. Seit drei Tagen befinden sich sechs Milchbäuerinnen im Hungerstreik. Stefanie Butscher ist eine von ihnen.

"Ich habe so die Schnauze voll, wir müssen was machen." Bild: ap

Sie weiß, dass sie sich selbst schaden kann. Aber das ist Stefanie Butscher - klein, kräftige Hände, dunkelrot gefärbte Haare - jetzt egal. Sie ist eine von den sechs Bäuerinnen, die am späten Mittwoch in den Hungerstreik getreten sind. Butscher kann von den 60 Kühen und den 60 Hektar Land, die sie mit ihrem Mann im baden-württembergischen Fronreute hat, nicht mehr leben. Sie will, dass Kanzlerin Angela Merkel ihre Probleme wahrnimmt.

Bäuerinnen und Bauern haben schon protestiert, demonstrativ Milch weggekippt. Aber Butscher gehört zu den Ersten hierzulande, die das Essen verweigern. Bis vor kurzem war sie noch nie auf einer Demo, sie ist keine, die gegen Atomkraft oder solche Sachen auf die Straße geht. Jetzt hat sie sich spontan für den Hungerstreik entschieden. Es stört sie nicht, wenn mancher das für übertrieben hält. Eigentlich wollte sie nur mit rund 300 anderen Bäuerinnen vorm Kanzleramt zelten und so erreichen, dass Merkel sich mit der Milchkrise beschäftigt. Aber auch nach drei Tagen kam von Merkel kein Zeichen. Butscher erzählt frei weg, wie sie da sagte: "Ich habe so die Schnauze voll, wir müssen was machen." Seitdem isst sie nicht mehr. Sie sieht noch nicht blass aus, nicht schwach. Man merkt, dass sie gewohnt ist, zuzupacken.

Butscher ist gelernte Hauswirtschafterin. An normalen Tagen steht sie morgens um sechs im Stall, später macht sie den Bürokram und den Garten, zwischendurch versorgt sie zwei Kinder, ihre Mutter und den pflegebedürftigen Vater. Sie rackert bis spät abends und macht doch nur Miese. Butscher schießt derzeit jeden Monat 3.500 Euro zu, damit der Betrieb, den sie von den Eltern übernommen hat, läuft. Lange hält sie das nicht mehr durch. Darum hungert sie - "bis Merkel versteht".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

5 Kommentare

 / 
  • FK
    Frau Kirschgrün

    Kühe geben keine Milch, wir nehmen sie ihnen weg.

    Stimme "von Ungefähr" zu: Michwirtschaft abschaffen, vor allem unsere subventionierte.

    Erwachsene brauchen keine Milch, im Gegenteil: tierisches Eiweiß ist der Hauptverursacher unserer Zivilisationskrankheiten.

    Wir müssen unser gesamtes System überdenken und dann umbauen (und geht nicht gibt's nicht!):

    • Zinssystem abschaffen

    • Wir müssen von unserer Arbeit leben können

    • Finanzjongleure bestrafen, denn sie leben auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung

    • Geld arbeitet nicht, sondern Menschen – und die, die nicht arbeiten wollen, weil sie glauben das Recht zu haben, von Zinsen und auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung leben zu dürfen, deren Denken wird wieder etwas zurecht gerückt . . .

  • U
    Ungefähr

    Milch aus Burkina Faso hat gegen Milchpulver aus der Europäischen Union keine Chance: Die EU steckt so viele Subventionen hinein, dass das afrikanische Billiglohnland seine eigenen landwirtschaftlichen Produkte im eigenen Land kaum loswird: Für 20 Liter Milch gibt es drei Euro. Im Vergleich zu einem Liter Frischmilch für 70 Cent kostet das subventionierte Milchpulver aus Europa im Supermarkt gerade mal 30 Cent. Besonders hart trifft das die, die auf Milchverkauf angewiesen sind.

     

    Schluss mit den Subventionen und der Tierquälerei! Milchwirtschaft abschaffen!

  • M
    midshipman

    Wenn ich diesen Quark schon lese: "Genfrei". Willkommen in der Märchenstunde. Abgesehen davon habe ich kein Problem mit der Pleite von Bauern. Wir leben in einer Marktwirtschaft. Wer nicht zu Marktbedingungen produzieren kann ist eben weg vom Fenster. Es gibt nur wenige andere Industriezweige die derart am Tropf von EU-Beihilfen und Subventionen hängen wie die Landwirtschaft. Zumal durch diese politisch gewollte Marktverzerrung Bauern in anderen Erdteilen regelmäßig plattgemacht werden, da diese eben nicht mit Steuergeldern rechnen können und am Weltmarkt gar keine Chance haben.

  • A
    Antonietta

    Artfremde Stoffe in Milch, Fleisch und Eiern führen zu: Allergie, Hautausschlag, Asthma, Neurodermitis, Diabetes, Rheuma, MS, Gicht...(BSE etc.) Als Alternative zur "Tiermilch" gibt es außer Sojamilch (Sojaproteine senken Blutfette und schützen vor Arteriosklerose.) auch noch Hafer- und Reismilch.

     

    Sobald die Produktivität der Milchkühe nachläßt, enden auch sie im Schlachthof. Eine Kuh, mit einer natürlichen Lebenserwartung von 14 Jahren, erlebt selten ihren 5.Geburtstag. Kühe produzieren Milch, um ihr Kalb zu ernähren, deswegen werden sie ab dem Alter von etwa 2 Jahren jedes Jahr künstlich befruchtet. Die Kälber werden nach der Geburt der Mutter entrisssen und in den Mastställen zur Schlachtreife gemästet. Oft schreien die Kühe tagelang nach ihren Kälbern. 20% der Kühe werden jedes Jahr aufgrund von Unfruchtbarkeit, Seuchen und niederer Produktionsleistung "ausgemerzt".

  • V
    vic

    Ich kaufe Milch von einer Molkereigemeinschaft in Bayern. 0,5 L für 86 Cent, genfrei und Bio.

    Meines Wissens ist das doppelt so teuer wie das Zeug bei ALDI.

    Ich bezahle das gern, denn auch die Milchbauern und die eigentlichen Produzentinnen sollen damit klarkommen können.

    Nebenbei, leisten kann ich mir das eigentlich nicht, dafür muss ich aber auch nicht alles haben.