Porträt Kölns OB Henriette Reker: Gegen den Klüngel der Amtsstuben
Mit viel Rückhalt ging Henriette Reker ins Rennen um das Oberbürgermeisteramt in Köln. Die ehemalige Sozialdezernentin gewann souverän.
CDU, Grüne, FDP und Freie Wähler hatten sich geeinigt, die 58-Jährige gegen den sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Jochen Ott ins Rennen zu schicken.
Henriette Reker kennt die Probleme der Stadt gut: Fünf Jahre hat sie hier als Sozialdezernentin gearbeitet. Zuvor war die studierte Juristin und Rechtsanwältin nach verschiedenen beruflichen Stationen in Bielefeld und Münster im Jahr 2000 zur Sozialdezernentin in Gelsenkirchen gewählt worden. Damals hatte die CDU sie vorgeschlagen.
Als sie dann auf die gleiche Position ins Kölner Rathaus wechselte, geschah dies auf Vorschlag der Grünen.
Im Amt fiel Henriette Reker zunächst nicht besonders auf. Durch den Zuzug von Geflüchteten musste sie dann aber Entscheidungen treffen, die ihr selbst sichtbar unangenehm waren: Um die Menschen unterzubringen, musste sie nicht nur Hotels, sondern auch Turnhallen von Schulen und sogar einen ausgedienten Baumarkt belegen.
Die Panne mit den Stimmzetteln
Doch auch das reichte nicht aus. Obwohl es viele im Kölner Stadtrat ablehnten, Geflüchtete in Zelten zu beherbergen, sah die Sozialdezernentin keine andere Wahl. Sie organisierte mit, dass das Land Nordrhein-Westfalen Hunderte Menschen im Kölner Norden auf diese Weise unterbrachte.
Die Oberbürgermeisterwahl war nach einer Panne beim Druck von Stimmzetteln verschoben worden, sie sollte ursprünglich bereits Mitte September stattfinden. Das Verhältnis zum bisherigen Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) galt als angespannt, weil er ihr zunächst einen Sonderurlaub für den Wahlkampf nicht genehmigen wollte.
Henriette Reker, die mit dem australischen Golfprofi Perry Somers verheiratet ist, stellte sich inhaltlich als sachkundige Verwaltungskennerin dar, die mit dem Klüngel in den Amtsstuben aufräumen will. Darüber hinaus versuchte sie vor allem mit sozialen Themen zu punkten.
Das Thema Flüchtlinge spielte dabei nur eine geringe Rolle. Gemeinsam mit dem designierten Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen hat sie aber eine Erklärung veröffentlicht, in der beide den Zuzug Geflüchteter als „Chance für unsere Städte“ bezeichneten. Gleichzeitig erklärten Reker und Kufen, die Kommunen seien „mit unserer akuten Aufnahmekapazität am Anschlag“.
An Bund und Land richteten sie die Forderung nach finanzieller Unterstützung und einem landesweiten Verteilungsschlüssel für Geflüchtete.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?