Porträt CSU-Kandidat in Bayern: Schwul ja, tuntig nein

Peter Ostenrieder ist homosexuell. Zieht er nach der Wahl in Bayern in den Landtag ein, ist er der erste offen schwule Abgeordnete der CSU.

Will offen anders sein, aber eben doch ganz normal arbeiten: der CSU-Kandidat auf Platz 31 der Liste zur bayerischen Landtagswahl. Bild: Marlene Halser

HOHENPEIßENBERG taz | Peter Ostenrieder hat den Ort für das Treffen mit Bedacht gewählt: Ein Ausflugslokal auf dem Hohen Peißenberg, einer Erhebung knapp 1.000 Meter über dem Meeresspiegel im Voralpenland, im oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau. Es ist sein Landkreis. Denn Ostenrieder engagiert sich seit knapp 20 Jahren für die örtliche CSU.

Bei gutem Wetter reicht die Sicht vom Gipfelplateau bis nach Augsburg und München, dorthin also, wo viele Menschen aus dem Landkreis täglich fahren, um ihrer Arbeit nachzugehen. „Stadt und Land“, das ist Ostenrieders Thema. Geht es nach ihm, muss der Staat die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Unternehmen auch im „ländlichen Raum“ ansiedeln und nicht nur in den „Metropolregionen“. Peter Ostenrieder ist selbst Unternehmer. In seiner Heimatgemeinde Peiting betreibt er eine Werbeagentur mit acht Mitarbeitern.

Nun aber zieht es auch den 41-Jährigen nach München. Bei der Landtagswahl am 15. September kandidiert Ostenrieder auf einem Listenplatz der CSU für den Bayerischen Landtag. Schafft er den Einzug, ist er der erste schwule Abgeordnete der CSU, der offen zu seiner homosexuellen Identität steht. Das wiederum ist nur auf Nachfrage Ostenrieders Thema.

„Ich will, dass das ganz normal ist“, sagt der groß gewachsene Mann. „Ich glaube, ich erweise der Community den größten Dienst, wenn ich als einer von vielen Abgeordneten ganz normal meine Arbeit tue“, sagt er. „Ich kann nicht von anderen verlangen, mit mir normal umzugehen, wenn ich selbst nicht normal mit mir umgehe.“

Keine Provokation

Will heißen: Schwul sein ja, aber nicht tuntig; nicht so, dass sich andere Menschen davon belästigt fühlen, wie von zu viel Nacktheit und Provokation beim Christopher Street Day zum Beispiel.

Er selbst hatte sein Coming-out mit 30 Jahren. Damals saß er schon seit sieben Jahren für die CSU im Gemeinderat von Peiting. „Ich habe gemerkt, dass ich das Versteckspiel nicht mehr mag.“ Nach seinem Outing bot er dem damaligen Fraktionsvorsitzenden an, nicht mehr zu kandidieren. Dieser ermutigte ihn, in der Politik zu bleiben. „Das hat mir einen Ruck versetzt“, sagt Ostenrieder heute.

Deshalb ist für ihn auch kein Widerspruch, in einer Partei beheimatet zu sein, die die heterosexuelle Ehe über gleichgeschlechtliche Familienmodelle stellt und die sich schwertut mit dem Gedanken, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Die Union müsse der „stillen Mehrheit“ eine Stimme gegen „eine schrille Minderheit“ geben, hatte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt noch im Frühjahr in einem Interview gesagt und damit für eine gewisse Furore gesorgt.

Nun stammen Alexander Dobrindt und Peter Ostenrieder, der Generalsekretär und der Landtagskandidat, aus demselben Wahlkreis. Alexander Dobrinth ist Vorsitzender des CSU-Kreisverbandes, Ostenrieder sein Stellvertreter. „Wir kennen uns gut“, sagt Ostenrieder und grinst. „Ich war sogar auf seine Hochzeit eingeladen – zusammen mit meinem Freund.“

Keine negativen Äußerungen

Nach den Verbalattacken habe er mit Dobrindt das Gespräch gesucht, sagt Ostenrieder. „Ich wusste, dass er damit kein Problem hat. Da ist der verbale Gaul mit ihm durchgegangen.“ Heute, behauptet der Kommunalpolitiker, gebe es vonseiten der Partei und ihren führenden Protagonisten keine negativen Äußerungen mehr gegenüber Homosexuellen.

Ein möglichst konservativ-traditionelles Familienbild zu kolportieren, scheint vor allem im Hinblick auf die Landtagswahl wichtig zu sein. Im Alltag regiert an der Basis der CSU die viel zitierte Libertas Bavariae, das bayerische Lebensgefühl des leben und leben lassen. Das weiß man auch an der Spitze der Partei.

Die Chancen, dass Ostenrieder am kommenden Sonntag den Einzug in den Bayerischen Landtag schafft, stehen gut – einfach deshalb, weil es für seine Partei gut aussieht. Derzeit sagen die Demografen der CSU eine absolute Mehrheit der Stimmen voraus.

Weil Ostenrieder aber nicht als Direktkandidat antritt, hat er sich einen Spruch ausgedacht, damit sich die Wähler in der Kabine an ihn erinnern und ihr Kreuzchen auch bei seinem Namen machen: „O wie Ostenrieder, O wie Oberland, O wie Oberbayern und O wie Oanadreißg“, wiederholt er auf seinen Veranstaltungen.

Die 31 ist sein Platz auf der Wahlliste, Ostenrieder ein in seiner Gemeinde verwurzelter Kandidat.

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