Porträt Anders Fogh Rasmussen: Zynischer Taktiker an der Nato-Spitze

Das Amt des Nato-Generalsekretärs ist für Dänemarks Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen nur die zweite Wahl. Der 56-Jährige ist verheiratet und Vater dreier Kinder.

Die perfekte Beherrschung des taktischen Spiels, Anpassungsvermögen und Flexibilität sind die Stärken des 56-Jährigen Rasmussen. Bild: ap

Längst vergilbt, aber noch lange nicht vergessen. Das letzte Hindernis, das Dänemarks Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen nehmen musste, um den von ihm begehrten Posten des Nato-Generalsekretärs zu bekommen, war eine Seite der Tageszeitung Jyllands-Posten vom 30. September 2005. Wegen der Mohammedkarikaturen und Rasmussens wenig sensiblen Umgangs mit deren Folgen, leistete die Türkei lange Widerstand gegen den Dänen. Die Nato könne es sich nicht leisten, von einen Mann repräsentiert zu werden, dem in weiten Teilen der muslimischen Welt noch immer mit Misstrauen begegnet werde. Zu einem Veto reichte dieser Einwand aber dann doch nicht - spätestens nachdem auch Washington Rasmussen das Amt wegen dessen Nibelungentreue im Irak- und Afghanistankrieg nicht mehr verwehren wollte.

Doch Rasmussen wäre nicht Rasmussen, sollte er nicht auch die Untiefen möglicher Karikaturen-Reminiszenzen umschiffen können. Schließlich sind die perfekte Beherrschung des taktischen Spiels, Anpassungsvermögen und Flexibilität Stärken des 56-Jährigen. Es gibt kaum eine Kurve, die er noch nicht genommen hat, wenn das nur seinen Zielen diente. Seine Gegner halten ihn für einen "zynischen Machtmenschen" - so der Chef der Volkssozialisten Villy Søvndal - oder einen "schlicht gefährlichen Politiker", der nach nahezu totalitärer Macht strebe, wie der Exvorsitzende der Sozialdemokraten Mogens Lykketoft meint.

Dabei hätte kaum jemand dem eher hölzern auftretenden Bauernsohn zugetraut, seine rechtsliberale Venstre an die Macht bringen zu können, als er 1998 deren Parteivorsitz übernahm. Damals war Rasmussen Ultraliberaler und bekämpfte den Sozialstaat. Drei Jahre später gebärdete er sich als vermeintlicher "dänischer Tony Blair" sozialdemokratischer als die Sozialdemokraten und gewann die Wahlen. Dass er nur mit Hilfe der ausländerfeindlichen Dänischen Volkspartei Premier werden konnte und seit drei Legislaturperioden deren Unterstützung mit Europas schärfster Einwanderungspolitik bezahlt - dieser Preis war Rasmussen nie zu hoch.

Wenn er sich nun erfolgreich das Nato-Amt erdrängelt hat, ist dies auch wieder seinem Pragmatismus geschuldet. Eigentlich wollte er sich mit einem hohen EU-Posten aus der dänischen Politik verabschieden. Das Szenario war vorbereitet: nach einem Ja bei der irischen EU-Verfassungsabstimmung mit einem erfolgreichen Referendum in diesem Sommer die dänischen Maastricht-Vorbehalte kippen. Nach dem Nein aus Dublin schien das Risiko dafür zu hoch. So sind die Iren schuld, dass Rasmussen mit seiner zweiten Wahl, dem Nato-Posten, vorliebnehmen muss.

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