Porträt Alberto Fujimori: "El Chino", der Überzeugungstäter
Perus Expräsident Fujimori muss sich wegen der Anordnung von 25 Morden verantworten. Vor Gericht stritt der 69-Jährige ab, je Gräueltaten befohlen zu haben.
Es wird eng für Alberto Fujimori. Gleich zu Beginn des Mordprozesses gegen den peruanischen Expräsidenten am Montag fiel der 69-Jährige aus der Rolle: "In meiner Regierungszeit haben 25 Millionen Peruaner ohne Ausnahme ihre Menschenrechte wiedererlangt", ereiferte er sich vor dem Obersten Gerichtshof in Lima. "Sollten einige Gräueltaten begangen worden sein, verurteile ich sie, doch angeordnet habe ich sie nicht", kreischte der Mann, der Peru von 1990 bis 2000 mit harter Hand regiert hatte. Am Dienstag folgte die erste Verurteilung: sechs Jahre Haft wegen Hausfriedensbruchs. Im November 2000 hatte ihm ein falscher Staatsanwalt Videos und Dokumente seines Kompagnons, des Geheimdienstchefs Vladimiro Montesinos, besorgt.
Im Mordprozess, der sich über Monate hinziehen dürfte, werfen die Staatsanwälte Fujimori vor, 25 Morde der paramilitärischen Einheit Colina angeordnet zu haben - 1991 starben auf einer Party in Lima 15 Gäste, 1992 wurden an der Universität La Cantuta neun Studenten und ein Professor umgebracht. Zwei weitere Verfahren wegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption sind anhängig.
Ende der Achtzigerjahre hatte der Sohn japanischer Einwanderer als Universitätsrektor die politische Bühne betreten. 1990 gewann er überraschend die Präsidentenwahl gegen den Schriftsteller Mario Vargas Llosa. Anschließend setzte er genau jenes neoliberale Schockprogramm durch, das sein Kontrahent in schöner Offenheit angekündigt hatte: Inflationskontrolle, Marktöffnung, Privatisierungen und Reduzierung des Staatsapparates. "Wenn es jetzt in den Fernsehspots heißt: Es geht voran mit Peru, dann wegen der Reformen meiner Regierung", rief er jetzt im Gerichtssaal. Seine Fans sehen das ähnlich: Tochter Keiko führt eine einflussreiche Parlamentsfraktion an.
Tatsächlich imponierte vielen Peruanern, dass er 1992 das "korrupte" Parlament auflösen ließ und Guerillachef Abimael Guzmán vom "Leuchtenden Pfad" festgenommen wurde. Drei Jahre später bestätigten sie Fujimori mit 62 Prozent im Amt. Doch 2000, nach dubioser Wiederwahl, brachen ihm die "Vladivideos" das Genick: Auf ihnen war zu sehen, wie Montesinos einen Oppositionsabgeordneten bestach. Von Japan aus erklärte Fujimori per Fax seinen Rücktritt.
Fünf Jahre lang schützte ihn die japanische Staatsangehörigkeit vor einem internationalen Haftbefehl. Schließlich wurde ihm sein Ehrgeiz zum Verhängnis: Von Chile aus wollte "el chino" wieder eine Kandidatur vorbereiten. Doch gleich nach seiner Landung vor zwei Jahren wurde er verhaftet und im September 2007 nach Peru ausgeliefert.
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