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Pornos im InternetDas Geschäft mit der Peinlichkeit

Viele Internetnutzer wurden abgemahnt, weil sie sich angeblich Sexvideos im Netz angesehen haben. Ist Streaming in Deutschland verboten?

Bei Streamingportalen gibt es keine direkte Zugriffsmöglichkeit auf die IP-Adresse des Betrachters. Bild: deyangeorgiev/photocase.com

Massenabmahnungen sind ein einträgliches Geschäft. Was es dafür braucht: einen Rechteinhaber, eine Software und einen Anwalt – und den längeren Atem. Die aktuelle Welle der Abmahnung von Nutzern des Pornoportals Redtube ist das perfekte Beispiel dafür, warum es bei Abmahnungen nicht in erster Linie um die Einhaltung von Recht, sondern vor allem um schnöden Mammon geht – und nicht nur um Porno, sondern auch um alle möglichen anderen Streamingportale.

Post von einem Anwalt: Sie haben etwas Verbotenes getan, haben eine Urheberrechtsverletzung begangen. Sie haben auf einer Seite ein Video angeschaut, an dem das Portal keine Rechte besaß. Wir haben Ihre IP-Adresse. Sie waren an einem bestimmten Datum zu einer bestimmten Uhrzeit auf einer bestimmten Website und haben vermutlich wild onanierend Pornos betrachtet. Zahlen Sie jetzt 250 Euro – davon 15,50 Euro für den Urheberrechtsverstoß, 65 Euro für unsere Nachforschungen und den Rest als Anwaltsgebühren – und wir vergessen die Sache. Ansonsten sehen wir uns vor Gericht.

Die Abmahn-Idee folgt einem einfachen Gedanken. Wenn Nutzer einen Film schauen, wird dieser auf dem Endgerät zwischengepuffert. Und damit, so die Abmahner, vervielfältigt – was nicht legal wäre. Ob das juristisch stimmt, ist umstritten: ob die technisch notwendige Kopie, Computer kopieren die ganze Zeit Daten in verschiedene Speicherbereiche, wirklich eine Vervielfältigungshandlung im Sinne des Urheberrechts ist, ist an keinem der höchsten Gerichte ausgeurteilt worden. Das bedeutet Rechtsunsicherheit, das Risiko, vor Gericht zu verlieren. Dabei spricht einiges dafür, dass die Chancen für Betroffene nicht schlecht stünden.

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Was bleibt, wenn ein Mensch stirbt? Viele schöne Geschichten. Die sonntaz erzählt sie - in der taz.am wochenende vom 21./22. Dezember 2013 . Wie der Autor Wolfgang Herrndorf in seinen Helden weiterlebt, Maggie Thatcher Drinks mixte und Ottmar Walter Tankwart wurde. Und: Ein Gespräch mit Inge Jens über den Neuanfang nach dem Tod von Walter Jens. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Wie kommen die Anwälte zu den Nutzern? Das ist eines der großen Rätsel dieser Abmahnwelle. Dass die Anbieter ihre Zugriffsprotokolle herausgeben, ist unwahrscheinlich. Bei herkömmlichen Abmahnungen wurden spezialisierte Firmen damit beauftragt, in Tauschbörsen nach Nutzern zu gucken, die dort illegal Dateien tauschten.

Abgemahnt wurde das Hochladen

Der Hebel der Anwälte: Wer in Tauschbörsen etwas herunterlädt, lädt es zumeist auch gleichzeitig, zumindest teilweise, wieder hoch. Das ist das Grundprinzip der meisten Peer-to-Peer-Tauschbörsen. Abgemahnt wurde nicht das Herunterladen, sondern das Hochladen.

Mit der weltweit einmaligen Internetprotokolladresse, der IP, gingen die Rechtsanwälte dann zu einem Gericht, um dort – meist im Dutzend oder Hunderterpack – von den Internetzugangsanbietern die Zuordnung von IP-Adressen zu echten Personen zu erhalten.

Die IP zum Zeitpunkt, zu dem eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde, wird einem Anschlussinhaber zugeordnet. Und der wird dann abgemahnt. Dass das alles technisch korrekt vonstatten ging und dass der Abmahnende auch wirklich die Rechte besitzt, ist die Voraussetzung. Sieht alles plausibel aus, winken die Gerichte die Anschlussinhaber-Auskunft meist durch.

Einige Gerichte, wie das Landgericht Köln, in dessen Zuständigkeitsbereich die Deutsche Telekom mit ihren vielen Kunden liegt, stöhnen seit Jahren über die Überlastung durch das Abmahnwesen. Nur: Bei den Streamingportalen gibt es keine direkte Zugriffsmöglichkeit auf die IP-Adresse des Betrachters, wenn man nicht selbst der Betreiber ist. Hier gibt es derzeit nur wilde Spekulationen darüber, wie die Abmahner an die Adressen gelangt sind. Vielleicht lenkte das Landgericht Köln auch deshalb am Freitag ein – das Recht der Betroffenen könnte durch die Auskunftserteilung verletzt worden sein.

Viele zahlen einfach

Der Abgemahnte erfährt erst mit der Abmahnung davon, dass ihm etwas vorgeworfen wird – und auch, dass seine Daten vom Gericht zur Herausgabe angeordnet wurde. Das ist der Zeitpunkt, an dem die Anwälte mit der Tür ins Haus fallen und die anscheinend günstige Option des „Zahlen Sie, wir sind uns unserer Sache todsicher, sonst wird es für Sie nur teurer“ anbieten. Und viele tun, was sich die Abmahner wünschen und hoffen, dass das Problem wieder verschwindet.

Schreiben dieser Art erhielten in den vergangenen Wochen wohl Tausende Pornozuschauer in Deutschland. Nun ist es keineswegs verboten, sich im Netz Pornos anzuschauen und die Tastatur zu verkleben. Aber es wäre verboten, Filme, an denen man keine Rechte besitzt, anderen zur Verfügung zu stellen oder sie zu vervielfältigen. Die Betreiber der Plattformen, die eigentlich für die Rechteklärung verantwortlich sind, sitzen meist nicht in Deutschland. Aber die Nutzer.

Das Urheberrecht verbietet auch den Download aus einer „offensichtlich rechtswidrigen Quelle“. Das klingt einfach, ist aber gerade bei den Pornoseiten gar nicht so leicht: Die frei zugänglichen Streamingportale haben für Filmfirmen eine gute und eine schlechte Seite. Auf der einen Seite verbreiten sie teilweise illegal Inhalte, an denen sie keine Rechte haben.

Anderes ist ganz legal dort: Lockfilme, mit denen Nutzer in andere, kostenpflichtige Portale mit noch mehr Inhalte gegen Kreditkartenbelastung geholt werden sollen. Die legal zur Geschäftsanbahnung dort stehenden Filme profitieren davon, dass möglichst viele Nutzer auf die Seiten gehen. Für die Nutzer ist kaum ersichtlich, ob Inhalte auf solchen Plattformen legal oder illegal stehen.

Der aktuelle Testfall weist eine Besonderheit auf: Pornokonsum ist ein individuelles Geheimnis. Niemand geht deshalb gern zum Anwalt – und schon gar nicht gern vor Gericht. Das nutzen die Abmahner aus und testen hier neue Graubereiche des Rechts. Jeder, der einfach unterschreibt und zahlt, ist gut für sie. Und finanziert damit gleich die nächste Abmahnwelle – dann vielleicht wegen anderer Filme.

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11 Kommentare

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  • die kontrollgesellschaft will die zensurfreiheit sowieso soviel wie möglich umgehen, staat voran.

  • Die IP-Adresse ist kein Rückschluss auf den jeweiligen Nutzer, die IP-Adressen werden von den Providern in einem Datenpool für die Nutzer bereitsgestellt. Einfaches Beispiel: Wenn Oma in Amazon nach Kochbüchern surft nutzt Sie eine bestimmte vom Provider zur Verfügung gestellten IP-Adresse um in das Internet zu kommen. Diese gleiche IP-Adresse könnte vorher von einem Pädophilen gneutzt worden sein für seine Bedürfnisse. Ist also Oma Kinderpronoguckerin? Nein, denn IP-Adressen können leicht ausgetauscht werden durch Proxyserver oder VPN. Erst die Angabe der MAC-Id, die jeder Computer, Smartphone, Drucker, Scanner usw. führt zum richtigen Absender/User. Durch meine Tätigkeit im Bereich Betrugsbekämpfung bei einem grossen Internet-Aukionsportal werden die `Betrüger` von den IP-Nutzniessern entlarvt. Auf der anderen Seite finde ich es juristisch sehr bedenklich, wie die Anwaltskanzlei an die IP Adressen herankamen und wer bei der Telekom so bereitwillig Daten herausgibt die eigentlich unter Datenschutz stehen. Mein Rat für die Abgemahnten, die Kanzlei solle doch bitte auch die MAC-ID nachweisen und nicht nur die IP-Adresse aus o.g. Gründen ist diese nicht statisch auf einen User gebunden. Das Erlangen der IP Adresse konnte m.E. auch nicht auf ganz legalen Wege erfolgt sein und eine Gegenklage/Einspruch sollte erwägt werden damit sich die Rechtsanwaltskanzelei sollte sich dieser illegalen Methoden vor Gericht erklären.

    • @Eric Blair:

      Meines Wissens kann die IP durch Protokollierung des Zeitpunktes des Inhabens des Nutzer auf Selbigen zurückgeführt werden. Das Protokoll wird vom Provider angelegt. Die Mac-ID ist dafür nicht zwingend notwendig und ist erst relevant, wenn ein Anschluss durch mehrere Endgeräte genutzt wird.

      Bei Nutzung eines Proxys wäre ich mir, was die Rückverfolgung betrifft, da nicht so sicher.

      • @lions:

        Eine vermeintliche "Tat" bedarf in einem Rechtsstaat zwingend auch eines eindeutigen "Täters".

        Die Rückverfolgung einer IP-Adresse führt niemals eindeutig zu einem "Täter", sondern bestenfalls zu einem Anschluss. Aber auch IP-Adressen lassen sich fälschen (Spoofing) und selbst MAC-Adressen können maskiert werden. Weitaus häufiger werden jedoch Anschlüsse vom Provider selbst zur Lastverteilung, oder aus anderen Gründen, umgelenkt. Ursprüglich wurde das Internet vom Militär entwickelt, um die Kommunikation nach einem Atomschlag aufrecht erhalten zu können. Es wurde auf Kommunikation optimiert und nicht auf Restriktion. Alle Versuche, heute restriktiv in dieses System einzugreifen, führen deshalb faktisch zunehmend zu seiner Unbenutzbarkeit. Anders gesagt: Wer ein kontrolliertes Internet will, muss darauf verzichten.

        • @Rainer B.:

          Wenn man sich auf die IP- Verfälschung rechtlich berufen kann, dürfte der Internetmissbrauch unbedenklich sein. Ist nicht der Anschlussbetreiber mutmaßlich der Täter, dürften Gerichte es schwer haben, die Tat zu verfolgen. Inwieweit das die Praxis ist, lässt sich aus meiner Sicht schwer beurteilen.

          Trotzdem besten Dank für die Info !

        • @Rainer B.:

          Wenn man sich auf die IP- Verfälschung rechtlich berufen kann, dürfte der Internetmissbrauch unbedenklich sein. Ist nicht der Anschlussbetreiber mutmaßlich der Täter, dürften Gerichte es schwer haben, die Tat zu verfolgen. Inwieweit das die Praxis ist, lässt sich aus meiner Sicht schwer beurteilen.

          Trotzdem besten Dank für die Info !

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Die Justiz steht auf der Seite des Verbrechens. Das ist das Problem. Gleich und Gleich gesellt sich gern.

  • Die wird man recht einfach wieder los. Nach dem ersten Abmamschreiben einfach nicht reagieren und nicht bezahlen. Kommt ein zweites Schreiben, dann kennt man den Absender, nicht öffnen, ab aufs Postamt und den Empfänger als "unbekannt verzogen" melden.

    Der Schalterangestelte prüft nicht, wer da vor ihm steht, macht den Stempel drauf und weg das Ding.

    So bin ich schon viele Inkassofuzzis wieder los geworden, die mit offenen "Rechnungen" von 50Cent oder 1€, ergänzt um "Gebühren" von 25-30€ bei mr rumgenervt haben.

    Der Mehraufwand zu einer Adressennachforschung lohnt sich für die Inkassomafia nicht, wenn von 1000 Mahnbriefen auch nur 10 oder 50 Gemahnte brav bezahlen.

    Müsste bei einer Massenabmahnwelle, wo die Abmahner auch auf das Prinzip "viel Kohle für wenig Aufwand" setzen, eben auch funktionieren.

  • R
    rechtsverdreher

    Dieser Abmahnwahnsinn gehört sich schon längst abgeschafft.

     

    Dass es hier nur um sittenwidrige, wenn nicht kriminelle Erpresserbanden handelt, ist leider allzu offensichtlich.

     

    Wie tief muss ein Anwalt sinken, um so sein Geld zu verdienen?

     

    Deutsche Bürger sind in rechtlichen Dingen erschreckend ahnungslos. Sie sind Analphabeten auf diesem Gebiet. Nie haben sie in der Schule auch nur die Grundbegriffe gelernt.

     

    Jeder, der auch nur einen Trick im Rechtswesen kennt, fühlt sich überlegen und will, dass das auch so bleiben soll.

     

    Gleich den Grundbesitzern früherer Jahrhunderte, die davon profitierten, dass niemand auch nur lesen konnte. Heute können wir lesen. Nur Rechtsfragen sind, absichtlich, immer noch so kompliziert, dass wir sie nicht ohne Vorbildung begreifen können.

     

    Auf diese Weise ist Youtube groß geworden, auf diese Weise sind hunderttausende kleiner Internetseiten zugrunde gegangen.

     

    Mit Einschüchterung, mit Rechtsunsicherheit.

  • Pornos sind nicht peinlich, sie sind Ausdruck menschlichen Verhaltens. Peinlich ist nur die Geschäftemacherei damit.

    Ich empfehle den Betroffenen, sich zusammenzuschließen und gemeinsam die abmahnenden Anwälte aufzusuchen, um die Argumente unmittelbar, unmissverständlich und endgültig auszutauschen. Das scheint mir hier die sachgerechteste Lösung zu sein.

    • @Rainer B.:

      "(...)um die Argumente unmittelbar, unmissverständlich und endgültig auszutauschen."

       

      Ein grandioser Satz: manchmal gibt es doch noch echte Highlights unter den taz- Kommentaren!!!