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Polizeischüsse in Berlin-WeddingPsychisch auffälliger Mann lebensgefährlich verletzt

Die Polizei hat in Wedding auf einen Mann geschossen, der sich mit einem Messer selbst verletzte. Immer wieder eskalieren Einsätze bei Menschen in Krisenlagen.

Immer wieder eskalieren Polizeieinsätze bei Menschen in akuten Krisenlagen Foto: Soeren Stache/dpa

Berlin taz | Die Polizei hat in der Nacht zu Dienstag in Wedding einen Mann niedergeschossen, der sich mit einem Messer selbst verletzt hat. Der 40-Jährige sei dabei lebensgefährlich getroffen worden und werde auf der Intensivstation behandelt, erklärte ein Polizeisprecher.

Ein Anwohner hatte am späten Montagabend die Polizei zu einem Mehrfamilienhaus in der Markstraße gerufen. Als die Beam­t*in­nen dort eintrafen, habe der „verhaltensauffällige Mann“ das Messer in der Hand gehalten und sich damit Verletzungen zugefügt. Sie hätten den 40-Jährigen mehrmals aufgefordert, das Messer wegzulegen, sowie, als das nicht geschah, Schüsse angedroht. Kurz darauf hätten sie mehrfach gezielt auf die Beine des Mannes geschossen, heißt es weiter. Wie in solchen Fällen üblich, hat eine Mordkommission die Ermittlungen übernommen.

In der Vergangenheit sind Polizeieinsätze bei psychisch erkrankten Menschen immer wieder eskaliert. Fachleute schätzen, dass zwei Drittel bis drei Viertel der Polizeitoten in Deutschland in einer psychischen Krise waren, als sie getötet wurden.

Polizei wollte Einsatzkonzepte überarbeiten

Erst vor Kurzem hatte Berlins Polizeibeauftragter Alexander Oerke in seinem Jahresbericht kritisiert, dass die Berliner Polizei – anders als versprochen – bisher noch keine aktualisierten Einsatzkonzepte zum Umgang mit psychisch auffälligen Personen mit hohem Gewaltpotenzial vorgelegt habe.

Gleichwohl räumte er ein, dass sogenannte ad-hoc-Lagen, also wenn die Polizei wie nun im Wedding über den Notruf von einer gegenwärtigen Fremd- oder Eigengefährdung erfährt, die Be­am­t*in­nen „vor erhebliche Herausforderungen“ stellen.

Unklar ist derzeit noch, warum die Be­am­t*in­nen gegen den 40-jährigen Mann in Wedding keinen sogenannten Taser einsetzten. Die Polizei erklärte auf taz-Anfrage, dies sei Gegenstand der noch laufenden Ermittlungen.

Seit einiger Zeit verfügt die Berliner Polizei über rund 250 solcher „Distanzelektroimpulsgeräte“, wie die Elektroschocker offiziell heißen. Sie dürfen eingesetzt werden, wenn so der Gebrauch von Schuss- oder Hiebwaffen vermieden oder wenn eine schwere Selbstverletzung bis hin zum Suizid verhindert werden kann.

Haben Sie suizidale Gedanken? Dann sollten Sie sich unverzüglich ärztliche und psychotherapeutische Hilfe holen. Bitte wenden Sie sich an die nächste psychiatrische Klinik oder rufen Sie in akuten Fällen den Notruf an unter 112. Eine Liste mit weiteren Angeboten finden Sie unter diesem Link.

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