Polizeiliche Drohgebärden vor Castor-Transport: Einfach mal locker bleiben
Längst ist es überwiegende Rechtssprechung, dass die von der Polizei wie Straftäter behandelten Demonstranten eben keine Straftäter sind.
A lle Jahre wieder lässt die Polizei vor den Gorlebener Castorfestspielen, der größten Open-Air-Veranstaltung des Wendlandes, die Muskeln spielen. Diesmal kündigt sie eine "schroffere" Gangart gegenüber den Protestierern an und kriminalisiert im vornhinein einen friedlichen, auf gewaltfreie Blockaden setzenden Anti-Atom-Widerstand.
Dabei ist es längst überwiegende Rechtssprechung, dass die von der Polizei als Straftäter klassifizierten und so behandelten Demonstranten, eben keine Straftäter sind. Doch im polizeilichen Konzept zählt allein die Abschreckung durch Drohgebärden.
Dafür wird dann auch in Kauf genommen, dass Hundertschaften von Einsatzkräten mit Ingewahrsamnahmen und deren Protokollierung und Dutzende von Richtern mit Bagatellverfahren sinnfrei beschäftigt werden.
Im Fukushima-Jahr ist man geneigt, der Polizei zuzurufen: Locker bleiben! Die Schlacht um das Atom ist in Deutschland geschlagen, eine atomfreie Energieversorgung in Sicht. Da machen Kriegsspiele auf beiden Seiten wenig Sinn.
Auch die Anti-Atombewegung sollte, trotz Restlaufzeit und ungelöster Endlagerfrage, das Gorlebener Ritual nutzen, ihren Teilerfolg zu feiern und nicht auf Castor komm raus den Konflikt zu suchen. Blockieren und "schottern" - das Entfernen von Steinen aus dem Gleisbett - gehört freilich zum Ritual. Hier sollte die Polizei mit Augenmaß und nicht mit Muskelspiel reagieren.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden