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Polizeikontrollen gegen AfrikanerStreit um Flüchtlinge eskaliert

Hamburgs Innensenator und Autonome stellen einander gegenseitig Ultimaten. Die Kirche wirft dem Senat vor, er gebe den Asylsuchenden keine Chance.

Nehmen zu: Proteste gegen Flüchtlingskontrollen in Hamburg Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Konflikt um die Kontrollen der sich in Hamburg befindlichen Lampedusa-Flüchtlinge eskaliert. Während AktivistInnen aus dem Umfeld der Roten Flora ankündigten, sich in ihrem Protest nicht mehr auf „legale Aktionsformen“ zu beschränken und für Dienstag Abend im Schanzenviertel mobilisierten, setzt Innensenator Michael Neumann (SPD) die polizeiliche Überprüfung der Flüchtlinge unbeirrt fort. Bis Dienstag nahm die Polizei zwölf von ihnen wegen des Verdachts des illegalen Aufenthalts in Gewahrsam. Acht Flüchtlinge wurden der Ausländerbehörde übergeben.

Erstmals hatte die Polizei vorigen Freitag gezielt afrikanische Migranten kontrolliert und damit in der Unterstützerszene einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen. Während die Flüchtlinge sich weigern, ihre Identität Preis zu geben, betont Neumann, es werde eine Einzelfallprüfung geben, deren Voraussetzung die Identitätsfeststellung der Betroffenen sei. Neumann droht den Flüchtlingen, wer sich bis zum heutigen Mittwoch nicht bei der Ausländerbehörde melde, werde zur Fahndung ausgeschrieben.

Rund 80 afrikanischen Männer halten sich seit Juni in der Hamburger St. Pauli-Kirche auf. Pastor Sieghard Wilm klagt: „Sobald man die Kirche verlässt, kann man von der Polizei aufgegriffen und dann erkennungsdienstlich behandelt werden. Das Ergebnis wird dann ja die Rückführung nach Italien sein. Und das schafft hier eine Art Ghetto-Situation.“ Innensenator Neumann dagegen wirft der Kirche vor, den Flüchtlingen falsche Hoffnungen zu machen: „Es wird hier keine Perspektive geben, wenn man nicht bereit ist, seinen Namen zu nennen und seine Fluchtgeschichte zu schildern.“

Auch ein Aufstellen von Wohn-Containern für die Flüchtlinge im Bezirk Altona lehnt der Senator ab. Hier hatte Stadtentwicklungsbehörden-Staatsrat Michael Sachs (SPD) der Altonaer Bezirksbürgermeisterin Liane Melzer (SPD) in einem Brief seine Einschätzung kundgetan, das Aufstellen solcher Container sei rechtswidrig. Das Problem: Die Behörde und Sachs sind überhaupt nicht zuständig.

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18 Kommentare

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  • S
    Sabine

    Ach Herr Wilms! Niemand wird von der Polizei "angegriffen", es werden lediglich die Papiere kontrolliert.

    • S
      Steffi
      @Sabine:

      Herr Wilms besticht durch seinen dauerbetroffenen Gesichtsausdruck, der permanent vorwirft: "Wie können Menschen nur so sein."

      Ich habe - abgesehen von TvE - niemal einen Kleriker gesehen, der dermaßen realitätsfremd daherkommt.

  • Die Lösung der Bedrohung besteht darin, dass die Biodeutschen ebenfalls Verbesserungen ihrer Situation fordern:

    keine Strafen bei Hartz IV, kein Lohndumping, keine Ausdehnung der Leiharbeit.

    Gemeinsam schaffen wirs.

    • S
      Sabine
      @nzuli sana:

      Gemeinsam?

      ich möchte mich von Ihren Idden und von der beleidigenden Bezeichnung "biodeutsch", die an die Blut- und Bodenideologie des Nationalsozialismus erinnert, deutlich abgrenzen.

      Man muss nicht jeden Begriff der Grünen nachplappern,ohne vorher darüber nachgedacht zu haben. Oder war es die SPD, die diesen unsäglichen Begriff kreiert hat? Egal, er ist ein NoGo.

      • @Sabine:

        Wie wäre nativ deutsch?

  • Erschreckend, wie auch die TAZ-Leser aus Angst vor fremdländischer Bedrohung und der Gefahr der Verarmung durch andere Arme nach Befolgung geltenden Rechts schreien.

    Es war auch mal geltendes Recht, Flüchtlinge an der DDR-Grenze zu erschießen.

    Geltendes Recht, jüdische Flüchtlinge aus Deutschland nicht aufzunehmen.

    Geltendes Recht, Flüchtlinge im Mittelmeer von europäischen Grenzen zurückzutreiben und dem Ertrinken zu überlassen.

    Da ist es nur konsequent von Unterstützern, nicht nur legale Aktionsformen anwenden zu wollen (von den meisten Medien mit "Gewalt" bewusst falsch zitiert). Denn sogenannte Legalität, die Menschenrechte mit Füßen tritt, ist vielleicht legal, aber nicht legitim.

    • @Hirnhuendin:

      Wo machen sie denn die Grenzen, wenn sie sagen es ist legitim, nicht nur legale Aktionsformen anzuwenden, wenn einen geltendes Recht nicht gefällt? Und wer entscheidet, ob Menschenrechte eingehalten werden? Und wer entscheidet was Menschenrechte sind? Wenn ich ihre Gedeanken weiterverfolge, brauchen wir keinen Staat, keine Demokratie, sondern Wild West und das Recht des Stärkeren, oder Klügeren, oder Linkeren, oder oder.

  • WL
    war lange in Niamey

    Ich habe lange in Problemländern in Afrika gearbeitet. Größtes Problem: Destabilisierung durch Abwanderung der jungen, gut ausgebildeten. Wenn wir hier die Tore öffnen, nehmen wir vielen Regionen die Grundlage, sich überhaupt einmal aus eigener Kraft zu stabilisierne. klar will man Flüchtlingen helfen, aber nicht mit offenen Türen sondern mit Schaffung von Perspektiven vor Ort. Die alten und gebrechlichen werden nie in den Genuss von unserem Begrüßungsgeld kommen.

  • AB
    Anton Bitler

    Ich betone nochmals - Recht und Ordnung muß sein!

  • B
    Bob

    Herzlich Willkommen in einem Land, welches wirklich aus der Nazizeit gelernt hat. Hier werden Leute wegen ihrer Hautfarbe kontrolliert, wegen ihrer Herkunft schickaniert, rechte Terrornetzwerke staatlich finanziert und durch systematische Vertuschung unterstützt. Aber bitte, fühl dich wie zuhause.

    • @Bob:

      Das ist doch völliger Unsinn, was sie schreiben. Die Leute werden nicht wegen ihrer Herkunft oder Hautfarbe schikaniert, sondern um ein Asylverfahren einleiten zu können lediglich die Identitäten der Personen festgestellt. Und wenn dies ergeben sollte, dass sie in Italien als Asylsuchende registriert sind, werden sie nach Italien zurückgebracht. Nach ihrer Diktion muss ja Deutschland ein so furchtbares Land sein, dass es sehr verwunderlich ist, dass die Flüchtlinge unbedingt hier bleiben wollen.

  • Diese "Flüchtlinge" verstoßen gegen geltendes Recht und erdreisten sich auch noch, gegen Polizeikontrollen aufmüpfig zu werden. Diese Rechtsbrecher gehören sofort abgeschoben.

    Es gibt genug Elend in Hamburg, das scheint der Herr Pastor von St. Pauli zu übersehen. Bei "Flüchtlingen" welche rotzfrech den Wohlstand ohne Gegenleistung von der arbeitenden steuerzahlenden Bevölkerung fordern, kommt er aber auf einmal in Wallung.

  • M
    Montesqieu

    Was ist das eigentlich für ein neuer "Trend" unter unseren hausbesetzenden Weltverbesserern, den Staat/die Behörden nötigen zu wollen, wenn den Herrschaften die Anwendung gültiger Rechtsnormen mal nicht ins Programm paßt?

     

    Ging mit der Anzettlung von "Hungerstreiks" durch Asylbewerber los; eine Idee, auf die die Asylbewerber selbst vermutlich nie gekommen wären (erst recht nicht, wenn sie wirklich aus Not fliehen). Jetzt will man von "legalen Aktionsformen" abweichen. Für wen hält sich diese Brut eigentlich? Eine Art Superinstanz?

  • CM
    Corto Maltese

    Weiß jemand, ob neben der begrüßenswerten Spontandemo gestern Abend zeitnah auch Solidaritätsveranstaltungen aus breiteren gesellschaftlichen Kreisen (Grüne, Linke, Kirchen, Verdi ...) für die Flüchtlinge geplant sind?

  • EP
    ess peh deh

    80 arme Afrikaner in einer Stadt mit 42.000 Millionären - das geht nun wirklich nicht.

    • J
      Johnny
      @ess peh deh:

      Hätte es Ihre plötzlich erwachte Solidarität schon in den letzten Jahrzehnten gegeben, hätte das vielen Obdachlosen das Leben vereinfacht. Sie erinnern sich: die armen Schweine, die unter den Brücken schlafen, über die Sie mit Ihrer Solidemo für die Ghanaer ziehen, bevor's zur Soliparty in die Flora geht.

      • EP
        ess peh deh
        @Johnny:

        Das eine schließt das andere nicht aus - denken Sie an die Demo bei der Kersten-Miles-Brücke. Was ich aber für absolut falsch halte, ist es, sozial benachteiligte Gruppen (Geringverdiener, Arbeitslose, Ausländer, Asylbewerber) gegeneinander auszuspielen. Und selbst wenn jemand nur selektiv solidarisch wäre, bspw. nur Afrikanern gegenüber, ist das immer noch besser, als gar nichts zu tun. Das Schöne am Mitgefühl ist, dass es sich - genauso wie soziale Härte leider auch - auf ähnlich gelagerte Fälle übertragen lässt.

      • G
        G(A)st
        @Johnny:

        Das Konzept Volxküche kennen Sie?

        https://de.wikipedia.org/wiki/Volxk%C3%BCche

        So etwas gibt es, neben vielen anderen Aktionsformen (z.B. Proteste gegen Gentrifizierung, welche auch immer die Vertreibung und Schikanierung "Obdachloser" einschließt) auch in der Roten Flora.

         

        Die von Ihnen angesprochene (praktische) Solidarität gibt es, auch schon in den letzten Jahrzehnten. In Hamburg und auch anderswo.

        Auch, wenn Sie sie bisher nicht wahrgenommen haben.