Polizeigewalt: Im Vorgarten niedergeknüppelt
Übergriffe bei Polizeieinsatz gegen NPD-Gegner. Auch Unbeteiligte werden brutal angegangen. Interne Ermittlungen gegen Beamte laufen.
![](https://taz.de/picture/328051/14/cyber_blankenese.jpg)
Der Schock der Mayers (Name geändert) war noch spürbar an diesem Samstagmittag. Keine Stunde zuvor hatte sich für die Blankeneser Familie Unvorstellbares zugetragen: Im eigenen Vorgarten sei ihre Tochter von Polizisten angegriffen und zu Boden geworfen worden. Als die Beamten ihr Handfesseln anlegten, eilte der entsetzte Vater hinzu - und wurde ebenfalls Opfer der Uniformierten: Auch er wurde zu Boden geworfen und bekam Fesseln angelegt. "Bisher dachte ich, wir leben in einem Rechtsstaat", so Herr Mayer zur taz.
Eigentlich hatte sich der Polizeieinsatz um einen NPD-Infostand im Zentrum des Stadtteils gedreht, der Gegendemonstranten angelockt hatte. Nicht nur die daran völlig unbeteiligten Mayers wurden von übereifrigen Polizisten angegangen. Fotos, die der taz vorliegen, bestätigen die Angaben von Augenzeugen: Polizisten droschen auf NPD-Gegner ein, hetzten Diensthunde auf sie. Ein bereits festgenommener Jugendlicher wurde gewürgt, ein älterer Mann herumgeschubst. "Ohne Vorwarnung wurden die Jugendlichen mit Schlagstöcken verprügelt", sagt Michael Sauer von der Partei "Die Linke". Auch eine Frau im Rollstuhl berichtet: "Es war ein sehr brutaler Einsatz." Auf der anderen Seite der Blankeneser Bahnhofstraße erfreuten sich daran offenbar rund 15 breit grinsende NPD-Sympathisanten.
Morgens um 9 hatte die NPD ihren Infostand aufgebaut. Bereits kurz darauf sollen dann etwa 15 Jugendliche "Nazis raus!" rufend auf den Stand schnell zugegangen sein. Hier bereits kam es dann offenbar zu einer ersten Rangelei mit Polizisten. Danach versuchten der Polizei zufolge Rechte die Gegendemonstranten anzugreifen. Die Uniformierten indes seien "bloß gegen die linken Autonomen vorgegangen", sagt eine Frau vom Blankeneser Bündnis gegen Rechts, dessen Mitglieder Müllsäcke für das NPD-Material mitgebracht hatten.
Anders als von den Behörden erwartet, hat der Tod des Landesvorsitzenden Jürgen Rieger Ende Oktober nicht zu einer Lähmung der Hamburger NPD geführt.
Infostände richtet die Partei seit Monaten verstärkt in den Stadtteilen aus - gegen teils heftigen Protest.
Gegendemonstranten haben dabei wiederholt das Verhalten der Polizei beklagt.
Zehn Personen wurden festgenommen. Zwei Demonstranten mussten nach dem Einsatz von Pfefferspray und wegen eines Polizeihundbisses ins Krankenhaus gebracht werden. Zum Übergriff im Garten der Familie Mayer mochte sich eine Polizeisprecherin später nicht äußern, gab aber zu, dass eine Anzeige vorliege und das Dezernat für Interne Ermittlungen eingeschaltet worden sei. Mittels Anfragen an den Senat wollen SPD und Linksfraktion in der Bürgerschaft in der Sache nachhaken.
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