Polizei ermittelt wegen Zuhälterei: Sexpartys mit Strauss-Kahn
In einer Callgirl-Affäre, benannt nach dem Carlton-Hotel im französischen Lille, droht Dominique Strauss-Kahn jetzt eine Anklage wegen Zuhälterei.
PARIS taz | Dominique Strauss-Kahn (DSK) bekommt unverhofft Gelegenheit, den "Komfort" des Lebens hinter Gittern im New Yorker Gefängnis Rikers Island mit dem in der frisch renovierten Gendarmerie von Lille zu vergleichen. Dort traf er Dienstagvormittag gemäß Vorladung um neun Uhr ein, um sich in Polizeigewahrsam einer längeren Befragung zu stellen. Das ist keine Untersuchungshaft, bedeutet aber, dass er während 48 Stunden nach allen Regeln der Verhörkunst in die Mangel genommen wird. Und übernachten muss er in einer bescheidenen Polizeizelle.
Gewiss hätte der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds das Hotel Carlton in Lille in Nordfrankreich vorgezogen. Doch das geht aus Gründen der Polizeiermittlungen nicht. Denn der Name von "DSK" ist vor mehr als einem Jahr ganz zufällig bei Nachforschungen in einem Fall von Zuhälterei rund um dieses Hotel aufgetaucht.
In Frankreich ist es nicht strafbar, die Dienste von Prostituierten zu bezahlen. Doch in diesem Fall riskiert DSK, dass er der Beihilfe zur Zuhälterei sowie der wissentlichen Nutzung unterschlagener Firmengelder beschuldigt wird.
Nachdem es ihm gelungen ist, in New York und Paris Anklagen wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung zu entgehen, könnte er am Ende wegen einer auf den ersten Blick viel banaleren Affäre stolpern.
Harmlos ist die Angelegenheit für die Justiz nicht. Sie ermittelt in diesem Dossier bereits gegen acht Personen wegen bandenmäßiger Zuhälterei. Unter ihnen befinden sich ein hoher Polizeioffizier, ein bekannter Anwalt, ein Direktor des Carlton sowie eine Figur aus dem Milieu, die in Belgien als "Dodo la Saumure" ("Pökel-Dominik") und Bordellbesitzer registriert ist. Im Netz der Fahnder zappeln aber auch zwei lokale Unternehmer.
Diese beiden haben bereits gestanden, dass sie Prostituierten die Rechnung für Sex und Spesen beglichen haben, wenn diese bei Sex-Partys mitmachten, an denen jeweils DSK teilnahm. Diese fanden, wie die Ermittlungen bereits ergeben haben, meistens im engeren Freundeskreis in Luxushotels von Paris, Brüssel und Washington statt.
Mit dabei war auch David. R., der Leiter einer Filiale eines großen Baukonzerns, der sich die intime Freundschaft zu einem Mann, der womöglich Staatspräsident Frankreichs werden würde, aus der Kasse seiner Firma einiges kosten ließ. Für die Justiz wäre das ein Fall von Unterschlagung von Firmengeldern, bei der sich auch strafbar macht, der wissentlich davon profitiert.
Strauss-Kahn gibt sich unschuldig
Wie schon in New York und Paris hat DSK auch im Fall "Carlton" bestritten, etwas Unrechtes getan zu haben. Er hat sich sogar in Interview darüber beschwert, dass man ihn nicht früher schon befragt habe.
Er leugnet nicht, dass diese Sexpartys stattgefunden haben - die letzte in Washington zwei Tage vor seiner Verhaftung in New York Mitte Mai -, doch er beteuert, er habe nicht gewusst, dass es sich bei seinen Gespielinnen um Callgirls gehandelt habe, da sie ja nackt gewesen seien. Im Übrigen hätten ihm seine Kameraden diese Frauen als ihre "Freundinnen" vorgestellt, und da frage man doch nicht weiter nach.
Eine von ihnen, die 38-jährige Mounia, hat allerdings der Polizei zu Protokoll gegeben: "Allen Anwesenden konnte nicht entgehen, dass meine Präsenz bezahlt war." Wird es die Justiz DSK abkaufen, dass er naiver gewesen sei als die anderen? Sein Image als Politiker ist jedoch mit dieser oberpeinlichen Callgirl-Affäre so weit angeschlagen, dass seine etwaige Rückkehr in eine Regierung unvorstellbar ist.
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